FRANKFURT (Dow Jones)--Bayer-Chef Bill Anderson legt am frühen Mittwochmorgen erstmals Zahlen vor, die er allein verantworten muss. Nachdem im Sommer angesichts von Preisverfall und Nachfrageschwäche beim Unkrautvernichter Glyphosat die Jahresprognose gesenkt worden war, ist der Markt skeptisch, ob diese nun auch erreicht wird. So liegt der Konsens für den Kerngewinn je Aktie fast ganz am unteren Ende der Spanne, die Bayer zuletzt versprochen hat. Abgesehen von den Zahlen gilt das Interesse ohnehin den strategischen Plänen von Anderson. Auch Glyphosat-Schadensersatzklagen sind wieder ein Thema.
WORAUF ANLEGER ACHTEN SOLLTEN:
STRATEGIE - Anderson hat die Investoren zuletzt auf Anfang des nächsten Jahres vertröstet. Dann will er seine Vorstellungen zur künftigen Ausrichtung des Konzerns vorstellen und Finanzziele verkünden. Die Erwartungen an ihn sind groß, selbst hiesige Fondsunternehmen trommeln inzwischen öffentlichkeitswirksam für eine Aufspaltung der Geschäfte, die von klassischen Pharmazeutika über Gesundheitsprodukte bis zu Pflanzenzüchtung und Pflanzenschutz reichen. Die bestehende Struktur sei "nicht aufrecht zu erhalten", weil am Kapitalmarkt "das Vertrauen fehlt", sagte jüngst Deka-Vertreter Ingo Speich. Im Prinzip müsse noch vor Jahresende verkündet werden, wohin die Reise gehe. Damit rechnen Insider bei Bayer jedoch nicht. Möglich immerhin wäre eine Ankündigung, dass der Neue an der Spitze Hierarchien im Mittelbau streicht, um Bayer agiler zu machen. Vielleicht verkündet Anderson also einen Stellenabbau.
GLYPHOSAT - Eigentlich schien die Welle von Schadensersatzklagen wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Unkrautvernichters Roundup in den USA 2020 mit einem Vergleich in zweistelliger Milliardenhöhe beigelegt. Mehr als 100.000 Fälle sind inzwischen auch geklärt. Doch zuletzt verlor Bayer drei Verfahren in Folge, jeweils mit Millionensummen. Zwar ist man in Leverkusen überzeugt, die Urteile noch drehen zu können. Doch könnte die jüngste Entwicklung dazu führen, dass die US-Klageindustrie wieder auf den Geschmack kommt und gezielt neue Klagen akquiriert. Bereits Ende vergangenen Jahres waren die Fallzahlen wieder angezogen.
ZAHLEN - Roundup und sein Wirkstoff Glyphosat war im Sommer auch ursächlich für die saftige Gewinnwarnung. Der Rückgang der Preise auf ein normales Niveau und schwache Nachfrage führten dazu, dass Bayer die Gewinnerwartung um 1,2 Milliarden Euro zurücknahm. Ob es dabei bleibt, ist ungewiss: Agrarwettbewerber Corteva schraubte in der vergangenen Woche seine Erwartungen nach einer Kürzung im Sommer erneut nach unten und begründete dies mit verzögerten Bestellungen seitens der Farmer auf dem brasilianischen Markt. Der ist auch für Bayer wichtig. Im Bayer-Pharmageschäft gilt das Interesse den Umsatzzahlen der neuen Medikamente Nubeqa und Kerendia. Mit ihnen soll die Lücke gefüllt werden, die der auslaufende Patentschutz von Xarelto hinterlässt. Bereinigt um Sondereffekte hat Bayer je Aktie 6,20 bis 6,40 Euro Gewinn für 2023 avisiert. Der Analystenkonsens lag zuletzt bei 6,21 Euro.
Nachfolgend eine Auswertung der Prognosen von Analysten zum dritten Quartal und für das Gesamtjahr 2023:
=== . PROG PROG PROG 3. QUARTAL 3Q23 ggVj Zahl 3Q22 Umsatz Konzern 10.438 -7,5% 11 11.281 -Pharmaceuticals 4.684 -5,5% 11 4.955 -Consumer Health 1.547 -0,1% 11 1.548 -Crop Science 4.143 -12% 11 4.692 EBITDA bereinigt Konzern 1.725 -30% 11 2.451 -Pharmaceuticals 1.360 -14% 11 1.573 -Consumer Health 359 +6,8% 11 336 -Crop Science 111 -82% 11 629 Ergebnis nach Steuern u Dritten* 33 -94% 10 546 Ergebnis je Aktie Core* 0,73 -35% 11 1,13 * fortgeführte Geschäftsbereiche . PROG PROG PROG GESAMTJAHR Gj23 ggVj Zahl Gj22 Umsatz Konzern 47.885 -5,6% 19 50.739 -Pharmaceuticals 18.534 -3,7% 17 19.252 -Consumer Health 6.151 +1,2% 17 6.080 -Crop Science 22.916 -9,0% 17 25.169 EBITDA bereinigt Konzern 11.163 -17% 19 13.513 -Pharmaceuticals 5.256 -11% 17 5.873 -Consumer Health 1.429 +4,5% 17 1.367 -Crop Science 4.899 -29% 17 6.867 Ergebnis nach Steuern u Dritten* 1.520 -63% 17 4.150 Ergebnis je Aktie Core* 6,21 -22% 19 7,94 Dividende je Aktie 2,28 -5,0% 18 2,40 ===
ERLÄUTERUNGEN:
- Angaben in Millionen Euro, Ergebnis je Aktie und Dividende in Euro
- Bilanzierung nach IFRS
- Quellen: Angaben des Unternehmens. Prognosen von Vara Research (Stand: 30. Oktober 2023).
- ggVj = Veränderung in Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum
- das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr
- alle Angaben ohne Gewähr
Kontakt zum Autor: olaf.ridder@wsj.com
DJG/rio/mgo
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November 07, 2023 23:45 ET (04:45 GMT)