Von Dan Gallagher

NEW YORK (Dow Jones)--Als florierendes Unternehmen stand Qualcomm zu Beginn des neuen Geschäftsjahres vor einem einzigartigen Problem. Die Investoren mussten davon überzeugt werden, dass der Konzern in seinem Überleben nicht von einem seiner größten Kunden abhängt. Das ist keine Kleinigkeit, wenn man bedenkt, dass Qualcomm den Großteil seines Gelds mit Smartphones verdient und Apple das größte Smartphone-Unternehmen der Welt ist. Die beiden Unternehmen sind seit Jahren zerstritten, pflegen aber derzeit eine Beziehung, die man am ehesten als widerwillig bezeichnen könnte und die sich dennoch für beide Seiten als vorteilhaft erweist. Chips von Qualcomm haben es Apple ermöglicht, seine ersten 5G-iPhones mit großem Erfolg zu verkaufen, während das Apple-Geschäft den Chipsatz-Verkäufen von Qualcomm einen starken Schub verlieh. Beide Unternehmen meldeten für das im September zu Ende gegangene Geschäftsjahr Rekordumsätze und Betriebsgewinne.


Apple entwickelt Chips lieber selbst 

Doch das Geschäft mit Apple ist für die Chiphersteller heutzutage ein zweischneidiges Schwert. Die tiefen Taschen des Unternehmens und seine technischen Fähigkeiten haben es ihm ermöglicht, einen Großteil der Chips für seine Geräte selbst zu entwickeln. Und das eigentlich unglaublich geheimniskrämerische Unternehmen hat zudem sogar öffentlich bestätigt, dass es an eigenen Modemchips arbeitet, die den von Qualcomm gelieferten Teil ersetzen würden. Das Schreckgespenst eines Verlusts des Apple-Geschäfts schwebt also über Qualcomm, seit das Unternehmen dieses Geschäft 2019 durch einen juristischen Vergleich zurückgewonnen hat. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp über 16 ist Qualcomm eine der am günstigsten bewerteten Chip-Aktien und wird mit einem Abschlag von 36 Prozent gegenüber dem PHLX-Semiconductor-Index gehandelt.

Der jüngste Ausblick von Qualcomm, den das Unternehmen zuletzt auf einer Analystenkonferenz gab, dürfte diese Sorgen etwas zerstreuen. Das Unternehmen geht davon aus, dass sein Chipsatz-Geschäft bis zum Geschäftsjahr 2024 beim durchschnittlichen Umsatzwachstum im mittleren Zehnerbereich rangieren wird. Damit wiederum liegt Qualcomm deutlich über dem Durchschnitt von 8 Prozent, den die aktuellen Schätzungen der Wall Street vorsehen. Das Unternehmen fügte hinzu, dass Apple am Ende des Zeitraums einen niedrigen einstelligen Prozentsatz der Chipsatz-Einnahmen ausmachen wird. Der Aktienkurs von Qualcomm sprang als Reaktion auf die Zahlen und die Prognose um fast 6 Prozent nach oben.


   Qualcomm setzt auch in Zukunft auf Smartphones 

Smartphones werden auch künftig einen großen Teil des Geschäfts ausmachen. Laut CEO Cristiano Amon wird sich Qualcomm weiterhin auf "Geräte im Premium- und High-End-Android-Segment" konzentrieren. Zugleich betonte er, dass der Konzern Zweijahresverträge mit den größten chinesischen Mobiltelefonherstellern abgeschlossen habe: Xiaomi, Honor, Vivo und Oppo. Qualcomm erwartet aber auch, dass sein Geschäft außerhalb der Mobiltelefone noch schneller wachsen und die notwendige Vielfalt in sein Portfolio bringen wird. Dies wird davon abhängen, ob das Automobilgeschäft wieder anspringt und ob die 5G-Technologie die Nachfrage nach mehr Arten von vernetzten Geräten ankurbelt. Nichts davon ist sicher, aber Qualcomm könnte eines der wenigen Chipunternehmen sein, bei denen das Potenzial noch nicht eingepreist ist.

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November 17, 2021 03:09 ET (08:09 GMT)