Nach dem Kauf von Teilen der insolventen Fluggesellschaft peilen die Briten vor allem Wachstum in der deutschen Hauptstadt an. "Wenn wir in den nächsten Wochen grünes Licht aus Brüssel bekommen, werden wir die Nummer 1 in Berlin", sagte Easyjet-Deutschland-Chef Thomas Haagensen am Dienstag im Reuters-Interview. Sollte die EU-Kommission den Deal genehmigen, will Easyjet bis Herbst 2018 bis zu 25 Flugzeuge in Berlin-Tegel stationieren. Bisher betreibt die Airline zwölf Maschinen in Schönefeld nahe Berlin.

Der Marktanteil in Berlin dürfte laut Haagensen dann von zehn bis zwölf auf mehr als 30 Prozent steigen. Bundesweit sei der Marktanteil nicht so entscheidend, sagte der Manager. "In Deutschland haben wir eine Stadtstrategie." Ziel sei es, an wichtigen Standorten die Nummer eins oder zwei zu sein. Da dieses Ziel in Hamburg nicht gelang, zieht Easyjet im Frühjahr seine drei Maschinen aus der Elbmetropole ab. Nach Berechnung des Luftfahrt-Experten Gerd Pontius wird Easyjet in Berlin mit einem Marktanteil von 36 Prozent Marktführer vor der Lufthansa mit 25 Prozent. Deutschlandweit verfügten die Briten nach dem Zukauf über 14 Prozent der Sitzplatzkapazitäten.

Easyjet hat Ende Oktober für 40 Millionen Euro Teile von Air Berlin übernommen. Dieses Engagement in Tegel wird Haagensen zufolge in dem im September 2018 zu Ende gehenden Geschäftsjahr unter dem Strich auf einen Verlust von 60 Millionen Pfund hinauslaufen. Die Einmalbelastungen etwa für das Umlackierungen von Flugzeugen oder das Training von Crews bezifferte er auf 100 Millionen Pfund (rund 112 Millionen Euro). Es sollen rund 1000 Stellen in Berlin ausgeschrieben werden.

Die Fluggesellschaft rechnet mit positiver Preisentwicklung sowie besserer Auslastung und begründet dies auch mit dem Ausscheiden mehrerer Wettbewerber. Die bisher zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin hatte Ende Oktober den Flugbetrieb in eigener Regie eingestellt und auch der insolvente britische Ferienflieger Monarch ist vom Markt verschwunden. Der größere Rivale Ryanair musste Tausende Flüge streichen.

Bis Ende März rechnet Easyjet konzernweit damit, dass der Umsatz pro Sitz im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich wächst. Die Preise insgesamt seien jahrelang nach unten gegangen und stabilisierten sich nun, sagte Haagensen. Diese Aussichten verhalfen den Easyjet-Aktien zu einem Höhenflug von sechs Prozent und machten sie zum Spitzenreiter im Londoner Auswahlindex FTSE. Rivale Eurowings geht nach Worten seines Geschäftsführers Oliver Wagner "bestenfalls von stabilen Preisen im nächsten Jahr aus, und nicht von steigenden Preisen."

Im Gesamtjahr 2017 (per Ende September 2017) sank der Vorsteuergewinn von um gut 17 Prozent auf 408 Millionen Pfund und lag damit in der angepeilten Spanne von 405 bis 410 Millionen Pfund. Die Briten bezifferten die Effekte durch die schwache Währung auf 101 Millionen Pfund. Die scheidende Konzernchefin Carolyn McCall sprach von einem "robusten" Ergebnis in einem für die Branche schwierigen Jahr. Sie betonte, die Zahl der Passagiere sei um rund zehn Prozent auf den Rekordwert von 80 Millionen gestiegen. Der langjährige TUI-Manager Johan Lundgren löst am 1. Dezember die seit 2010 amtierende McCall ab. Sie wechselt als Chefin zum britischen Privatsender ITV.

Unternehmen in diesem Artikel : TUI, Air Berlin Plc, Ryanair Holdings plc, ITV, EasyJet