Die Chemie braucht bessere Rahmenbedingungen für solides Wachstum /
Halbjahresbilanz 2016 der chemisch-pharmazeutischen Industrie
   Frankfurt/Main (ots) - 

   - Produktion stagniert im ersten Halbjahr, Umsatz sinkt 3,5%
   - Prognose 2016: Nur leichtes Produktionsplus, Umsatzrückgang um 
     1,5%
   - Wettbewerbsfähigkeit des Chemiestandortes Deutschland bedroht
   - VCI-Präsident Dekkers fordert innovationsfreundlichere Politik

   Die Geschäfte der drittgrößten Branche in Deutschland laufen nicht
rund. In den ersten sechs Monaten des Jahres stagnierte die 
Produktion in der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Der Umsatz 
verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich: Durch den 
erneuten Rückgang der Erzeugerpreise sank der Erlös der Branche um 
3,5 Prozent auf 90,4 Milliarden Euro. Davon waren Inlands- und 
Auslandsgeschäft gleichermaßen betroffen, berichtet der Verband der 
Chemischen Industrie (VCI) in seiner Halbjahresbilanz.

   VCI-Präsident Marijn Dekkers sagte zur wirtschaftlichen 
Entwicklung der Branche: "Der Chemie fehlen positive Impulse - 
wirtschaftlich wie politisch. Gleichzeitig mehren sich die negativen 
Faktoren wie die Wachstumsschwäche in den Schwellenländern, eine 
geringe Dynamik des gesamten Welthandels und das Ende des globalen 
Investitionsbooms." Auch für die zweite Hälfte des Jahres erwartet 
der VCI-Präsident Gegenwind für die Chemiekonjunktur. Die 
Sonderfaktoren niedriger Ölpreis und schwacher Euro ließen in ihrer 
positiven Wirkung nach. "Zudem sind der Brexit sowie große 
Schwankungen bei Rohstoffpreisen und Wechselkursen schlechte 
Rahmenbedingungen für ein solides Wachstum unserer Branche", erklärte
Dekkers.

   Für das Gesamtjahr 2016 rechnet der VCI daher nur mit einem 
Produktionsplus von 0,5 Prozent für die chemisch-pharmazeutische 
Industrie. Bei weiter sinkenden Erzeugerpreisen dürfte der 
Branchenumsatz um 1,5 Prozent auf 186 Milliarden Euro zurückgehen, so
die Prognose des Verbandes.

   Wettbewerbsfähigkeit des Chemiestandortes bedroht

   Auch wenn Deutschland in Sachen Chemie seit rund einer Dekade 
Exportweltmeister ist und auf Platz drei der umsatzstärksten Nationen
steht, mehren sich die Anzeichen, dass die Wettbewerbsfähigkeit des 
Standortes bröckelt. Denn die strukturellen Veränderungen in den USA,
China und Saudi-Arabien, die dort zu niedrigen Energie- und 
Rohstoffkosten sowie einem massiven Aufbau von Produktionskapazitäten
geführt haben, wirken bis ins Herz Europas. "Ein Blick auf die 
verschiedenen Sparten zeigt, wie akut das Problem in unserer Branche 
bereits ist", betonte Dekkers.

   Rechnet man das Pharmageschäft heraus, ist der 
Außenhandelsüberschuss der deutschen Chemie inzwischen rückläufig. In
der Sparte Petrochemie gab es 2015 sogar ein Außenhandelsdefizit. 
Auch beim Geschäft mit Kunststoffen (Polymeren) droht sich die 
Handelsbilanz zu verschlechtern. Die Produktion von Polymeren in 
Deutschland ist seit 2011 um 500.000 Tonnen gesunken. In den 
Wertschöpfungsketten potenziert sich dieser Effekt. Die Menge der 
entsprechenden Vorprodukte (Petrochemikalien) ist im selben Zeitraum 
um 4 Millionen Tonnen geschrumpft (-6 Prozent). VCI-Präsident 
Dekkers: "Wir müssen unbedingt vermeiden, dass die chemischen 
Wertschöpfungsketten in einzelnen Segmenten reißen. Es liegt im 
Interesse nachgelagerter Industriezweige wie Fahrzeugbau und Elektro 
und der gesamten Wirtschaft, dass wir diese Ketten als zentrales 
Element des Chemiestandortes Deutschland erhalten."

   Auch bei den Investitionen der Branche in Produktionsanlagen zeigt
sich eine beunruhigende Entwicklung. Obwohl die 
Finanzierungsbedingungen so günstig sind wie seit Jahrzehnten nicht 
mehr, investieren die Unternehmen im Inland eher zurückhaltend. Die 
Schere zwischen Investitionen im Inland und im Ausland öffnet sich 
seit 2011 zunehmend. Zuletzt investierten deutsche Chemieunternehmen 
mit gut 8,6 Milliarden Euro rund 1,5 Milliarden mehr in ausländische 
Sachanlagen als hierzulande. Die schwindende Attraktivität 
Deutschlands als Standort für Chemieanlagen führt der VCI-Präsident 
auf eine Reihe von Faktoren zurück: hohe Energiekosten, fehlende 
Planungssicherheit in der Energiepolitik, vernachlässigte 
Infrastruktur und eine industriekritische Verwaltungspraxis. "Die 
chemische Industrie braucht unbedingt bessere Rahmenbedingungen für 
Investitionen. Das heißt: verlässliche politische Vorgaben und 
konkurrenzfähige Kosten", betonte Dekkers.

   Für eine innovationsfreundlichere Politik

   Trotz vieler Einzelprobleme liegt der Schlüssel zu mehr 
Wettbewerbsfähigkeit aus Sicht des VCI in der Verbesserung der 
Innovationsfähigkeit. "Wir brauchen mehr Innovationen, um Wachstum, 
Wohlstand und Beschäftigung dauerhaft zu sichern - in Deutschland, 
aber auch in ganz Europa." Der zunehmende Wettbewerb erfordere dabei 
nicht nur Investitionen in moderne Sachanlagen, sondern auch immer 
mehr innovative Produkte und Produktionsverfahren sowie neue 
Geschäftsmodelle. Dem stünden noch zu viele Hürden in den Unternehmen
im Weg, um Ideen aus dem Labor schnell und erfolgreich auf den Markt 
zu bringen.

   Gleichzeitig bremsten externe Hemmnisse im Verantwortungsbereich 
von Politik und Behörden, wie etwa zu viel Bürokratie und Regulierung
oder die fehlende steuerliche Förderung von Forschung und 
Entwicklung, die Innovationsfähigkeit aus. Auf nationaler Ebene 
plädierte der VCI-Präsident daher für einen "Innovations-Check", mit 
dem vor der Verabschiedung eines Gesetzes geprüft werden könne, ob 
die Regulierung innovations- und verbraucherfreundlich ausfalle. 
Hinsichtlich der europäischen Gesetzgebung sprach sich Dekkers für 
die Einführung eines Innovationsprinzips aus.

   Dekkers' Fazit: "Aus eigener Kraft kann die Wirtschaft Deutschland
nicht zum Innovationsweltmeister machen. Wir brauchen die 
Unterstützung durch die Politik. Wir müssen gemeinsam an einem Strang
ziehen und auch für ein gutes gesellschaftliches Umfeld sorgen: für 
eine Innovationskultur, die Offenheit und Neugier mit Mut und 
Zuversicht verbindet, damit Ideen auch tatsächlich zu Innovationen 
werden."

   Service 

   Alle Unterlagen zur VCI-Halbjahrespressekonferenz 2016 (Grafiken, 
Rede, PM) finden Sie auf der VCI-Website zum Download: 
www.vci.de/pressesets

   Über den VCI 

   Der VCI vertritt die wirtschaftspolitischen Interessen von mehr 
als 1.650 deutschen Chemieunternehmen und deutschen 
Tochterunternehmen ausländischer Konzerne gegenüber Politik, 
Behörden, anderen Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und den 
Medien. Der VCI steht für mehr als 90 Prozent der deutschen Chemie. 
Die Branche setzte 2015 rund 189 Milliarden Euro um und beschäftigte 
über 446.000 Mitarbeiter.

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