Börsen-Zeitung: Vorsichtsprinzip, Kommentar zum Rückversicherer Munich
Re von Stefan Kroneck
   Frankfurt (ots) - Elf Monate nach dem Amtsantritt von Joachim 
Wenning an der Spitze der Munich Re gewinnt dessen Strategie deutlich
an Kontur. Reagierten die Anleger im August 2017 zur Vorlage der 
Halbjahreszahlen noch vergrätzt auf seine seinerzeit unpräzisen 
Aussagen, können sich die Investoren nach der Bilanzvorlage vom 
Donnerstag nun ein Bild darüber machen, wohin die Reise des größten 
Rückversicherers der Welt gehen soll. Wennings Ausblick weckte am 
Markt die Hoffnung, dass die operativ miserablen Zeiten sich dem Ende
zuneigen, wie das Kursplus von fast 3% veranschaulichte.

   Dennoch kann beim Branchenprimus von Euphorie keine Rede sein. Das
Gewinnziel für 2018 von bis zu 2,5 Mrd. Euro ist zwar relativ solide,
es zeigt aber, dass auch der neue CEO das traditionelle 
Vorsichtsprinzip der Munich Re verinnerlicht hat. Wie sein 
Amtsvorgänger Nikolaus von Bomhard hält er den Ball flach, wenn es 
darum geht, die Anleger mit Prognosen zu versorgen.

   Die bescheidene Vorgabe von 2,8 Mrd. Euro für 2020 verdeutlicht 
das, entspräche es doch nur einem Ergebniszuwachs von 300 Mill. Euro 
binnen drei Jahren. In besseren Zeiten erwirtschaftete die 
Gesellschaft 3,3 Mrd. Euro nach Steuern (2013). Das Zinstief und der 
harte Preiswettbewerb in der Branche fressen sich durch die 
Erfolgsrechnung. Die erwarteten Kosteneinsparungen infolge des 
Personalabbaus im Kerngeschäft  können diese negativen Effekte etwas 
abmildern. Die Munich Re übt sich daher in Bescheidenheit, lautet 
doch Wennings Devise, dass deutlich mehr als "2 Mrd. Euro plus" bis 
auf Weiteres nicht möglich sind.

   Allerdings verfügt der Konzern  aufgrund seiner krisenfesten 
Bilanz über ausreichend Hebel, das Ergebnis deutlicher zu steigern, 
als die Zielwerte suggerieren. Mit aufgelösten Schadenrückstellungen 
im Kerngeschäft im Umfang mehrerer hundert Millionen Euro gelang es, 
so manche Jahresbilanz aufzubessern. Das wird die Munich Re auch 
künftig tun. Zugleich könnte die langsame Erholung  an den Märkten 
infolge der US-Zinswende künftig Rückenwind für die 
Kapitalanlageergebnisse bringen.

   Wie wackelig Vorgaben aber sind, zeigte sich 2017, als die Munich 
Re nach nur sechs Monaten ihre Prognose wegen der verheerenden 
Hurrikan-Großschäden kassierte. Eine Aussage darüber, wie es um die 
Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios 2018 steht, wagt der 
Vorstand nicht. Die Entwicklung der Großwetterlage in der Karibik im 
Spätsommer wird zeigen, ob Wennings Ziele sich als Wunschdenken 
entpuppen oder auf einer soliden Basis stehen.

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