Frankfurt (Reuters) - Die Gemeinden in Deutschland schätzen ihre künftige Finanzlage aufgrund gestiegener Belastungen unter anderem bei Personal- und Sachkosten sowie zusätzlicher sozialer Aufgaben pessimistisch ein.

Nur noch zwei Prozent der Kommunen rechnen in den nächsten fünf Jahren mit einer positiven Entwicklung ihrer Finanzlage, fast 90 Prozent äußerten sich dagegen pessimistisch zur Zukunft, wie die staatliche Förderbank KfW am Donnerstag zu einer Umfrage unter 799 Gemeinden mitteilte. "Die unsichere Finanzlage und verschlechterte Finanzierungsbedingungen drücken auf die Stimmung in den Kämmereien", sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Ihre aktuelle Finanzlage bewerteten nur etwa 17 Prozent der Kommunen positiv. Rund 58 Prozent schätzten ihre Finanzsituation dagegen negativ ein - rund zehn Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.

Durch die gestiegenen Zinsen habe sich die Finanzierungslage der Kommunen verschlechtert, sagte Köhler-Geib. Die Gemeinden schlossen laut KfW das Jahr 2023 mit einem Finanzierungsdefizit von 6,8 Milliarden Euro ab. Damit sei das Jahresergebnis der deutschen Kommunen erstmals seit 2011 wieder negativ. Die Einnahmen seien zwar um neun Prozent gestiegen, die Gesamtausgaben hätten allerdings um zwölf Prozent zugelegt. Die Kommunen hätten zudem anders als in Vorjahren keine besondere finanzielle Hilfe von Bund und Ländern verbucht. Allein die Sozial-und Personalausgaben hätten um knapp zwölf Prozent zugenommen.

Für das laufende Jahr planten die Gemeinden mit Investitionen von 45 Milliarden Euro. Das sei ein Anstieg von 4,1 Prozent zum Vorjahr. Schwerpunkte blieben mit 12,9 Milliarden Euro die Schulen, 10,8 Milliarden Euro entfielen auf Straßen. Der Investitionsrückstand der Gemeinden nahm laut dem KfW-Kommunalpanel im vergangenen Jahr um 12,4 Prozent auf 186,1 Milliarden Euro zu. Der Rückstand werde durch steigende Preise nach oben getrieben, sagte Köhler-Geib. "Und die Investitionstätigkeit kann damit nicht Schritt halten."

Der größte Nachholbedarf besteht laut KfW bei Schulen (54,8 Milliarden Euro), Straßen (48,3 Milliarden Euro) und öffentlichen Verwaltungsgebäuden (18,8 Milliarden Euro). Die in Aussicht gestellte Zinswende der EZB bedeute für die Kommunen zwar eine Stabilsierung der Situation, so Köhler-Geib. Die Zinssenkungen würden aber wohl eher moderat ausfallen, um sicher zu gehen, dass die Inflation tatsächlich wieder zur EZB-Zielmarke von zwei Prozent zurückkehre. "Das heißt, dass auf die kurze Frist die Erleichterung begrenzt sein wird."

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Kerstin Dörr Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)