Doha/Kairo/Gaza (Reuters) - Auch nach der Antwort der radikal-islamische Hamas auf einen Vorschlag für eine Feuerpause zeichnet sich ein rasches Ende der Kämpfe im Gazastreifen nicht ab.

"Es gibt noch viel Arbeit zu erledigen, aber wir sind weiterhin der Überzeugung, dass eine Vereinbarung möglich und in der Tat unerlässlich ist", teilte US-Außenminister Antony Blinken am Dienstag nach Erhalt des Hamas-Schreibens mit. Das israelische Militär erklärte, 31 der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln seien tot. Unterdessen konzentrierten sich die Kämpfe auf Chan Junis und Rafah im Süden der Region. Dorthin sind Hunderttausende Vertriebene geflüchtet.

US-Präsident Joe Biden wertete die Antwort der Hamas als "ein bisschen übertrieben", ohne konkreter zu werden. Katar zeigte sich nach dem Hamas-Schreiben "optimistisch". Blinken kündigte an, die Antwort der Hamas werde am Mittwoch mit der israelischen Regierung erörtert werden. Kern des von den USA, Israel, Ägypten und Katar entwickelten Vorschlags ist die Feilassung der von Hamas und Islamischen Dschihad im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln im Gegenzug für eine lang andauernde Kampfpause. Bislang bestand die Hamas auf ein endgültiges Ende der Kämpfe, während Israels Kriegsziel die Vernichtung der radikal-islamischen Organisation ist.

Von den noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln leben nach israelischen Angaben 31 nicht mehr. "Wir haben 31 Familien darüber informiert, dass ihre gefangenen Angehörigen nicht mehr unter den Lebenden weilen und dass wir sie für tot erklärt haben", teilte der Sprecher der israelischen Armee, Daniel Hagari, mit. Nach israelischen Angaben werden im Gazastreifen noch 136 Geiseln festgehalten.

KÄMPFE IN CHAN JUNIS - BOMBENANGRIFFE AUF RAFAH

Ungeachtet der Vermittlungsbemühungen setzte die israelische Armee die Offensive im Süden des Gazastreifen fort. Anwohner und Ärzte berichteten über Luftangriffe und Beschuss durch Panzer in Chan Junis. Dabei seien mindestens 14 Menschen getötet worden. Auch aus Rafah unmittelbar an der Grenze zu Ägypten wurden Luftangriffe und Artillerie-Feuer von Panzern gemeldet. Palästinensische Sanitäter und Ärzte berichteten von zahlreichen Toten. Darunter seien auch sechs Polizisten, deren Wagen getroffen worden sei.

Das israelische Militär erklärte, Rafah sei eine Hochburg der Hamas-Kämpfer. Bereits vergangene Woche hatte Israel angekündigt, in die Grenzstadt vorzustoßen. Das hat Sorgen internationaler Hilfsorganisationen befeuert, die auf Hunderttausende Flüchtlinge verweisen, die dort Schutz gesucht haben. Ein Vertreter der israelischen Regierung sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es liefen Bemühungen, einen Bodenangriff auf Rafah mit Ägypten abzustimmen. Dazu gehören demnach auch Pläne, vertriebene Palästinenser zu evakuieren.

Blinken traf nach Gesprächen in Saudi-Arabien am Dienstag in Ägypten und Katar die dortigen Staatschefs. Geplant sind auch Gespräche mit Vertretern Israels und der Palästinensischen Autonomiebehörde während seiner Reise in vier Länder der Region.

In Israel bröckelt unterdessen der Rückhalt für das Ziel von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, die Kämpfe bis zur Auslöschung der Hamas fortzusetzen. Nach einer Umfrage des Israel Democracy Institute erklärten 51 Prozent der Befragten, wichtigstes Kriegsziel solle die Befreiung der Geiseln sein. Nur 36 Prozent sagten demnach, wichtigstes Ziel müsse die Zerstörung der radikal-islamischen Organisation sein.

(Bericht von Muhammad Al Gebaly, Maha El Dahan, Nidal al-Mughrabi, Andrew Mills, Humerya Pamuk und Simon Lewis; geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)