Die Ausfuhren sanken im August den vierten Monat in Folge - und zwar um 8,8 Prozent, wie aus den am Donnerstag veröffentlichten Daten der Zollbehörde hervorgeht. Von Reuters befragte Experten hatten allerdings mit einem noch größeren Rückgang um 9,2 Prozent zum Vorjahresmonat gerechnet. Daher gelten die aktuellen Exportzahlen als ein Zeichen der Stabilisierung, auch wenn eine Erholung noch einige Zeit auf sich warten lassen dürfte.

"Eine Stabilisierung heißt bei weitem nicht, dass nun neue Dynamik zu erwarten ist", so die Einschätzung von Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. Da die europäischen und die US-Konsumenten wegen der hohen Inflation weiterhin sparten, würden die chinesischen Exporte vorerst nicht in Fahrt kommen: "Es lässt sich eben leicht an Elektronik und Möbeln sparen und damit an Gütern, die zum Gros aus China kommen", so der Chefökonom der Liechtensteiner Bank. Da sich an dieser Grundkonstellation vorerst nichts ändern werde, blieben die chinesischen Exporte und damit die gesamte Volkswirtschaft im Reich der Mitte angeschlagen.

Besserung im Exportsektor ist wohl erst gegen Ende des Jahres in Sicht - dies auch wegen statistischer Effekte, wie Nie Wen, Ökonom bei Hwabao Trust, erläutert: "Aufgrund der niedrigen Basis am Ende des vergangenen Jahres ist es sehr wahrscheinlich, dass die Exporte gegen Ende des Jahres wieder wachsen werden."

AUCH EINFUHREN SCHRUMPFEN

China versucht derzeit, sich von dem exportabhängigen Geschäftsmodell zu lösen und stärker auf die Binnenkräfte des bevölkerungsreichen Landes zu setzen. Doch ist es der Führung in Peking in diesem Jahr noch nicht gelungen, die Wirtschaft nach dem Ende der strikten Corona-Restriktionen wieder auf Trab zu bringen.

Neben der Exportschwäche lastet eine anhaltende Immobilienkrise, hohe Jugendarbeitslosigkeit und die Zurückhaltung der Konsumenten auf der Konjunktur in China, der nach den USA zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt. Auch beim Import läuft es nicht mehr rund: Chinas Einfuhren schrumpften im August ebenfalls - und zwar um 7,3 Prozent. Das von der kommunistischen Regierung für 2023 ausgegebene Wachstumsziel von rund fünf Prozent wackelt. Der Staatssektor - von der Zentralbank bis hin zu den Kommunen - stemmt sich mit immer neuen Stützungsmaßnahmen gegen dieses Szenario.

So versuchen Staatsbanken nunmehr den angeschlagenen Immobilienmarkt mit einer Zinssenkung für bestimmte Hypothekenkredite zu stabilisieren. Von der Maßnahme profitieren Kreditnehmer, die sich mit dem geliehenen Geld ihren ersten Immobilienkauf finanzieren, wie vier der großen staatlichen Institute mitteilten. Für diese Gläubiger werde der Zinssatz auf das Niveau gesenkt, das zu dem Zeitpunkt galt, als sie ihr Haus oder ihre Wohnung gekauft haben.

Chinas Immobilienmarkt war jahrelang ein wichtiger Wachstumstreiber. Doch inzwischen taumelt die Branche von einer Krise in die nächste. Der Häusermarkt lahmt, und Zahlungsausfälle bei großen Bauunternehmen schüren Sorgen vor Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft der Volksrepublik.

Die Senkung der Zinsen dürfte den Druck auf die Gewinnmargen der Banken erhöhen, von denen die Führung in Peking gleichzeitig mehr Anstrengungen zur Ankurbelung der Konjunktur erwartet. Zentralbank und Finanzaufsicht hatten unlängst mehrere Maßnahmen zur Stützung des angeschlagenen Immobilienmarkts angekündigt.

(Bericht von Joe Cash und Ellen Zhang, Ziyi Tang und Ryan Woo, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Elke Ahlswede, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)