BRÜSSEL (AFP)--Die Finanzminister der Europäischen Union suchen nach einer politischen Einigung für die geplante Reform der gemeinsamen Schuldenregeln. Ab Mittwochnachmittag berieten die 27 Mitgliedsländer darüber in einer Videokonferenz unter Vorsitz Spaniens. Auf dem Tisch liegt ein gemeinsamer Vorschlag Deutschlands und Frankreichs, auf den sich beide Länder am Vorabend geeinigt hatten.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) war dazu am Dienstag mit dem französischen Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire in Paris zusammengekommen. "Wir stimmen bei den Schlüsselelementen überein", schrieb Lindner danach auf dem Kurzbotschaftendienst X. Le Maire sprach von einer Einigung zu "100 Prozent".

Lindner betonte, die deutsch-französische Übereinkunft sehe "Sicherheitslinien für niedrigere Defizite und Schuldenstände" der Mitgliedsländer vor, wie sie Deutschland fordert. Zugleich ermögliche sie Anreize für Reformen und Investitionen, auf die Frankreich und andere Länder bestehen.

Konkret setzte Lindner nach französischen Angaben durch, dass Länder mit einem exzessiven Defizit von mehr als 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) dieses um mindestens 0,5 Prozentpunkte pro Jahr reduzieren müssen.

Frankreich erreichte im Gegenzug, dass diese Vorgabe im Zeitraum 2025 bis 2027 gelockert wird. In diesen Jahren sollen die deutlich gestiegenen Zinskosten zur Refinanzierung der öffentlichen Schulden angerechnet werden, wie es aus dem Pariser Finanzministerium hieß. Das hatte insbesondere Italien gefordert, das nach Griechenland am stärksten verschuldete EU-Land. Aber auch in Paris hieß es, diese Flexibilität helfe, um die eigenen Investitionsziele zu erreichen.

Die EU hatte ihre Schuldenregeln in der Corona-Pandemie ausgesetzt, um den Ländern Milliardenhilfen für die Wirtschaft zu ermöglichen. Bei der Reform sollen die sogenannten Maastricht-Kriterien unverändert bleiben: Neben der Drei-Prozent-Obergrenze bei der Neuverschuldung ist dies eine Gesamtverschuldung von höchstens 60 Prozent für jeden Staat.

Lindner erwirkte bei seinem französischen Kollegen zudem ein Zugeständnis für das strukturelle Defizit, das von Konjunktur-Einflüssen bereinigt ist. Dieses soll für alle Länder bei höchstens 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen, um eine Sicherheitsmarge zu den 3 Prozent zu schaffen.

Gelingt vor Weihnachten eine Grundsatzeinigung der Mitgliedsländer, müssen die Staaten und das Europaparlament die Reform noch besiegeln. In Kraft treten könnte sie dann theoretisch ab Ende des Frühjahrs.

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December 20, 2023 11:06 ET (16:06 GMT)