BRÜSSEL (dpa-AFX) - Angesichts der wirtschaftlichen Ungleichgewichte in Europa haben die EU-Finanzminister die Einhaltung der Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts angemahnt. Für die Zukunft der Währungsunion sei dies von zentraler Bedeutung, hieß es in einer Schlussfolgerung der 28 Minister nach einem Treffen am Freitag in Brüssel. In diesem Zusammenhang sei auch die weitere Umsetzung von Strukturreformen entscheidend, hieß es.

Damit wurde vorerst ein Schlussstrich unter einen Streit gezogen, der vor allem zwischen der EU-Kommission und Deutschland geschwelt hatte. Die Brüsseler Behörde hatte Ende des vergangenen Jahres angeregt, dass Staaten, die in ihren Haushaltsentwürfen Spielraum haben - wie etwa Deutschland oder die Niederlande - bis zu 0,5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für zusätzliche Investitionen nutzen. Vor allem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte dies scharf kritisiert.

Schäuble hatte der EU-Kommission vorgeworfen, mit ihren Empfehlungen zur finanzpolitischen Ausrichtung geltendes EU-Recht umgekehrt zu haben. Zugleich nehme Brüssel damit den Druck auf die Länder, die Vorgaben noch nicht erfüllten und Reformen nicht umsetzten. Dies entspreche nicht dem Stabilitäts- und Wachstumspakt. Dieser sehe vor, dass die Kommission die Haushalte der Länder prüfe. Die Kommission habe sich aber stattdessen zur finanzpolitischen Ausrichtung geäußert. Dazu habe sie kein Mandat. Entscheidend sei, dass die Regeln des Stabilitätspakts eingehalten würden.

Nach den sogenannten Maastricht-Kriterien ist den Staaten maximal eine Neuverschuldung von drei Prozent der Wirtschaftsleistung sowie eine Gesamtverschuldung von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erlaubt. Der Pakt war in den vergangenen Jahr jedoch immer wieder aufgeweicht worden.

In der nun von den EU-Finanzministern vereinbarten Stellungnahme ist lediglich allgemeiner die Rede davon, dass eine ausgewogener Politik-"Mix" von Investitions- und Sparmaßnahmen in den einzelnen EU-Staaten nötig sei. Länder, die ihre Sparziele übertreffen, könnten demnach zudem ihre Überschüsse nutzen, um die Binnennachfrage anzukurbeln.

In Europa und vor allem der Eurozone herrscht ein Gefälle zwischen vergleichsweise hohen Schuldenständen in südlichen Ländern wie etwa Portugal, Italien und Griechenland und niedrigeren Schuldenständen in etlichen mittel- und nordeuropäischen Ländern. Länder wie Deutschland weisen hingegen einen deutlichen Leistungsbilanzüberschuss auf, das heißt sie exportieren deutlich mehr als sie importieren. Über den zollfreien EU-Binnenmarkt geht ein großer Teil der europäischen Exporte in andere EU-Länder, die diese Importe in den vergangenen Jahren teils über Schulden finanzierten. Die EU-Kommission pocht seit längerem auf mehr Investitionen in Deutschland selbst, weil sie ein Auseinanderdriften der Euro-Länder fürchtet./asa/DP/tos