Zürich (awp) - Ein diverser und junger Verwaltungsrat treibt laut einer Studie die unternehmerische Nachhaltigkeit voran. Merkmale wie Alter oder Geschlecht spielen dabei aber eine geringere Rolle als Erfahrung: Am wichtigsten für die Nachhaltigkeitsperformance einer Firma ist, dass Verwaltungsratsmitglieder eine Expertise auf dem Gebiet vorweisen können.

Eine Studie des Personalvermittlers Egon Zehnder und der Universität Göttingen hat einen direkten Zusammenhang zwischen unternehmerischer Nachhaltigkeit und der Zusammensetzung des Verwaltungsrats festgestellt. Die Studie zeigt: Wenn überdurchschnittlich viele Frauen dem Verwaltungsrat angehören und das Gremium jünger ist, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Firma für ökologische und soziale Themen engagiert.

Gleiches gilt auch für die Amtszeit der Verwaltungsräte. Hocken die Mitglieder schon seit vielen Jahren im Gremium, bewegt sich im Unternehmen tendenziell weniger, als wenn sie öfters ersetzt werden und den sprichwörtlichen frischen Wind in die Firma bringen.

Experten mit grösstem Einfluss

Die Autoren analysierten für die Studie 534 börsenkotierte Unternehmen aus Europa und untersuchten anhand empirischer Daten und ökonometrischer Analysen die Charakteristika im Verwaltungsrat und ihr Einfluss auf die sogenannte "ES Performance" (Environmental and Social Performance) der Firmen.

Dabei haben sie einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung des Verwaltungsrats und der Entwicklung der unternehmerischen Nachhaltigkeit festgestellt. In Zahlen ausgedrückt wiesen die Unternehmen mit dem höchsten Frauenanteil eine um sechs Prozentpunkte höhere "ES Performance" auf als der Durchschnitt. Unternehmen, deren Verwaltungsräte die jüngsten Mitglieder und die geringsten Amtszeiten aufwiesen, zeigten eine um sieben Prozentpunkte bessere Performance.

Noch weitaus mehr Einfluss als das Alter, das Geschlecht und die Amtszeit hat laut der Studie allerdings die Expertise der Verwaltungsratsmitglieder: Wenn es im Unternehmen einen Nachhaltigkeitsausschuss gibt, in dem die Mitglieder über Erfahrung auf dem Gebiet der unternehmerischen Nachhaltigkeit verfügen, steigt das ökologische und soziale Engagement der Firma gegenüber dem Durchschnitt um 13 Prozentpunkte.

In der Studie zeigt sich, dass Unternehmen in den letzten 15 Jahren immer häufiger solche Experten in ihren Verwaltungsrat berufen. 2005 waren noch 3 Prozent der Mitglieder in den untersuchten Gremien Nachhaltigkeitsexperten, 2011 bereits 7 und 2017 waren es 8 Prozent. Die Zahl der Nachhaltigkeitsausschüsse in Unternehmen wuchs noch stärker: 2005 gab es erst in 8 Prozent der Firmen eine solche Kommission, 2017 bereits in 30 Prozent.

Frauenquote steigt an

In der Schweiz wird die Diversität in Verwaltungsräten derweil immer grösser. Noch nie sassen so viele Frauen in den Aufsichtsgremien von Schweizer Unternehmen. Laut einer aktuellen Studie des Kadervermittlers Guido Schilling ist bereits in 9 von 10 Verwaltungsräten mindestens eine Frau vertreten. Auf die ganze Anzahl Verwaltungsräte bezogen sind Frauen allerdings noch immer deutlich untervertreten: Sie machen laut einer Erhebung von CRIF gerade einmal 23 aller Schweizer Verwaltungsratsmitglieder aus. Das entsprich gegenüber 2011 einer Steigerung um etwa 3 Prozentpunkte.

Damit liegt die Schweiz im Vergleich mit der Studie von Egon Zehnder deutlich im Rückstand. Bei den untersuchten Unternehmen aus ganz Europa verdoppelte sich der Frauenanteil in Verwaltungsräten zwischen 2011 und 2017 auf 35 Prozent.

Bis 2026 muss sich auch die Quote in der Schweiz noch erhöhen. Seit dem 1. Januar gilt für börsenkotierte Unternehmen nämlich ein Geschlechterrichtwert. Demnach sollen in den Verwaltungsräten mindestens 30 Prozent Frauen vertreten sein. Werden diese Richtwerte bis in fünf Jahren nicht eingehalten, ist ein Unternehmen verpflichtet, im Geschäftsbericht die Gründe anzugeben und Massnahmen zur Verbesserung vorzulegen.

tv/sta