Die EU-Taxonomie zielt darauf ab, einen Goldstandard für grüne Investitionen zu schaffen, der klimafreundlichen Projekten hilft, privates Kapital anzuziehen und "Greenwashing" zu unterbinden, bei dem Investoren und Unternehmen ihre Öko-Qualitäten überbewerten.

"Als Bundesregierung haben wir noch einmal deutlich unsere Ablehnung der Einbeziehung der Kernenergie zum Ausdruck gebracht. Sie ist riskant und teuer", sagte Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck in einer gemeinsamen Erklärung mit Umweltministerin Steffi Lemke, beide führende Mitglieder der Grünen.

In ihrem Brief an Brüssel, den das Wirtschaftsministerium auf seiner Webseite veröffentlicht hat, wies die deutsche Regierung auch auf die fehlenden Sicherheitsanforderungen für Atomkraftwerke hin.

"Schwere Unfälle mit großen, grenzüberschreitenden und langfristigen Gefahren für Mensch und Umwelt können nicht ausgeschlossen werden", heißt es in dem Schreiben aus Berlin, und die Frage, wo die radioaktiven Abfälle langfristig gelagert werden sollen, sei noch unbeantwortet.

Habeck und Lemke sagten, dass Berlin den Plan ihrer Meinung nach ablehnen sollte, wenn die Europäische Kommission die Einwände Deutschlands ignoriere und den Planentwurf unverändert lasse.

Deutsche Regierungsquellen sagten jedoch Anfang des Monats gegenüber Reuters, dass die Koalitionsparteien eine Eskalation im EU-Streit vermeiden wollten und sich in Koalitionsgesprächen hinter verschlossenen Türen darauf geeinigt hätten, sich bei einer bevorstehenden Abstimmung der Stimme zu enthalten.

LANGE VERZÖGERT

Die EU-Vorschriften haben sich lange verzögert, da die Länder uneins darüber sind, ob Kernenergie und Erdgas eine grüne Plakette verdienen. Österreich hat bereits angekündigt, dass es rechtliche Schritte einleiten wird, wenn die Europäische Kommission mit ihrem Plan fortfährt, beide als nachhaltige Investitionen zu kennzeichnen.

Die deutsche Regierung erklärte in ihrem Schreiben, sie unterstütze ein vorübergehendes grünes Label für Erdgas als Brückenlösung auf dem Weg zur Klimaneutralität.

"Gaskraftwerke können den schnellen Übergang zu erneuerbaren Energien und die Reduzierung der Emissionen im gesamten Energiesektor erleichtern", hieß es.

Während der monatelangen Debatte über die Vorschläge argumentierten Deutschland und andere EU-Mitgliedstaaten, dass Investitionen in Gas notwendig seien, um den Ausstieg aus der umweltschädlicheren Kohle zu ermöglichen. Andere meinten, die Kennzeichnung eines fossilen Energieträgers als "grün" würde die Glaubwürdigkeit der EU untergraben, die sich bemüht, bei der Bekämpfung des Klimawandels weltweit eine Führungsrolle zu übernehmen.

Die emissionsfreie Kernenergie ist ebenfalls umstritten. Frankreich, die Tschechische Republik und Polen gehören zu denjenigen, die der Kernenergie eine große Rolle bei der Eindämmung der globalen Erwärmung einräumen. Österreich, Deutschland und Luxemburg gehören zu denen, die dagegen sind.

Die Kommission hofft, bis Ende des Monats einen endgültigen Text verabschieden zu können.