Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Zentralbanken können ihr Inflationsziel in einem Umfeld niedriger Inflation und glaubwürdiger geldpolitischer Regime nach Aussage der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) nur langsam erreichen. Grund: Veränderungen des allgemeinen Preisniveaus sind in einem solchen Umfeld nicht breit angelegt, sondern beruhen stark auf sektoralen Preisänderungen. Um rasch das Inflationsziel zu erreichen, müsste die Zentralbank sehr kraftvoll agieren, was zu unerwünschten Verzerrungen der relativen Preise führen würde und andere unerwünschte Nebenwirkungen auslösen könnte.

Laut BIZ erfordert ein solches Umfeld eine erhöhte Flexibilität beim Verfolgen des Inflationsziels, um besagte Verzerrungen zu vermeiden. Sie führt dafür zwei Gründe an:

1. Was laut BIZ für Preisänderungen gilt, trifft auch auf die Empfindlichkeit des Preisniveaus für geldpolitische Maßnahmen zu: Diese stärken zwar die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, im Hinblick auf die Inflation wirken sie aber nur auf einige Bestandteile des Preisindex stark, die zudem ein geringes Gewicht haben.

2. Ein großer Teil der sektorspezifischen Preisänderungen ist vorübergehender Natur. Die Zentralbanken sollten über sie hinwegsehen. Auf sie zu reagieren, könnte leicht zu einer Überreaktion führen, da sich solche Veränderungen normalerweise selbst korrigieren. Das gilt umso mehr, wenn die Inflationserwartungen fest verankert sind und die Wirtschaftsakteure solchen Phänomenen deshalb keine Beachtung schenken ("rationale Unaufmerksamkeit").

Laut BIZ zeigt das, dass die Zentralbanken eine gewisse Abweichung der Inflation vom Zielwert auch für längere Zeit tolerieren müssen, um dieses Inflationsziel letzen Endes zu erreichen. Die Reform der geldpolitischen Strategien von US-Notenbank und Europäischer Zentralbank könne als Schritt in diese Richtung verstanden werden.

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September 20, 2021 07:00 ET (11:00 GMT)