Von Stephen Wilmot

NEW YORK (Dow Jones)--Wie spriteffizient ist so ein neues Elektrofahrzeug wirklich? Die Frage ist gar nicht so dumm, wie sie klingt. Der Strom, der in den großen Lithium-Ionen-Batterien gespeichert ist, die Elektroautos antreiben, ist auch Kraftstoff. Die Menge, die benötigt wird, um das ganze Metall eine bestimmte Strecke vorwärts zu bewegen, ist ausschlaggebend für die Stromrechnung, die am Ende bezahlt werden muss.

Dabei summieren sich die Kilometer auf, die zwischen den Ladevorgängen zurückgelegt werden können, und auch die Größe der Batterie, die überhaupt erst gekauft werden muss. Doch die Frage könnte vor allem für Investoren wichtig sein. Elektroautos, die die Batterievorräte effizient nutzen, sollten bei sonst gleichen Bedingungen rentabler herzustellen sein. Und da der Cashflow von konventionellen Autos unter Druck gerät, werden die Gewinnspannen der Autohersteller bei E-Fahrzeugen darüber entscheiden, wer in einem aufkommenden Technologiewettbewerb mithalten kann.

Im vergangenen Jahr war weniger als eines von 20 in den USA verkauften Neufahrzeugen ein Elektroauto, einschließlich Plug-in-Hybride, aber das wird sich ändern. In einer Umfrage des Beratungsunternehmens Alixpartners vom Oktober vergangenen Jahres gaben 19 Prozent der US-Verbraucher an, dass sie "mit hoher Wahrscheinlichkeit" ein Elektrofahrzeug als ihr nächstes Auto kaufen würden, ausgenommen Hybride. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren waren es nur 5 Prozent. Weltweit sind die Zahlen noch höher. Ein Viertel der Verbraucher beabsichtigt, als nächstes ein E-Fahrzeug zu kaufen. An Begeisterung seitens der Hersteller mangelt es jedenfalls nicht. Sieben der neun Autowerbespots beim jüngsten Super Bowl waren für Plug-in-Fahrzeuge, während es 2018 noch keinen einzigen gab.


   BMW-Tochter Mini ist besonders spriteffizient 

Die derzeit angebotenen Optionen haben in der Regel eine Reichweite von etwa drei bis sechs Kilometer für jede Kilowattstunde Energie, die in ihren Batterien gespeichert ist. Einige, darunter der Datenanbieter Edmunds, bevorzugen die Angabe, dass sie zwischen 25 und 50 kWh benötigen, um 150 Kilometer zu fahren, was derselben Gleichung entspricht. Im Test von Edmunds schneiden die Elektroautos von Hyundai und der BMW-Marke Mini bei diesem Effizienzmaßstab am besten ab, während der erste Pickup-Truck des Elektroauto-Lieblings Rivian das Schlusslicht bildet. Die Position von Rivian sollte keine Überraschung sein. Das Gewicht und die schlechte Aerodynamik von Pickups haben schon immer dazu geführt, dass sie ziemlich spritineffizient fahren, was einen wachsenden Anteil der US-Bürger nicht davon abgehalten hat, sie zu kaufen. Mit den Elektrofahrzeugen, die jetzt auf den Markt drängen, kommt noch ein weiterer Faktor hinzu. Um trotz dieser Ineffizienz eine angemessene Reichweite zwischen den Ladevorgängen zu erzielen, braucht man eine Menge Batterien, die ihrerseits schwer sind.

Das lässt einige daran zweifeln, dass Elektro-Pickups bei der heutigen E-Auto-Technologie überhaupt noch Sinn ergeben. Rivian hat kürzlich seine Preise erhöht, was den Zorn der Fans auf sich zog und vergangene Woche einen teilweisen Rückzug des Unternehmens auslöste. "Die richtige Lösung für einen erschwinglichen Pickup ist heute der Verbrennungsmotor", meint Peter Rawlinson vom konkurrierenden E-Auto-Startup Lucid, das an Luxuslimousinen arbeitet und sich ungewöhnlich stark auf Fragen der Antriebseffizienz konzentriert. Und die Gewichtsdynamik gilt in umgekehrter Weise für die effizientesten Autos, die in der Regel kleine Batterien haben. "Es ist eine Rückkopplungsschleife. Wenn man ein effizientes Fahrzeug hat, braucht man weniger Batterien, was es wiederum effizienter macht", berichtet Gründer Arne Brethouwe vom europäischen Datenanbieters EV Database. Solche Vergleiche verdeutlichen die Grenzen von Effizienzkennzahlen als Richtschnur für die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, insbesondere in den USA. Der Lkw von Rivian hat begeisterte Kritiken und zahlreiche Vorbestellungen erhalten, während sich kleine, leichtere Elektrofahrzeuge nicht gut verkauft haben.


   US-Bürger dürften auch künftig große Autos fahren wollen 

General Motors hat seinen Fokus weg vom relativ effizienten, aber ansonsten problematischen Bolt hin zu muskulösen Fahrzeugen mit riesigen Batteriepacks wie dem GMC Hummer und dem kommenden elektrischen Silverado verlagert. Das Unternehmen scheint darauf zu setzen, dass elektrische Antriebe die Vorliebe der Amerikaner für große, ineffiziente Fahrzeuge nicht ändern werden. Dies scheint vernünftig, da die Kosten für das Aufladen selbst stromfressender Elektroautos fast immer niedriger sind als die Kosten für die Betankung konventioneller Fahrzeuge mit Benzin.

Warum also ist Tesla so sehr auf Effizienz bedacht? Der Elektroauto-Pionier verwendet dank energiesparender Innovationen bei Funktionen wie der Klimatisierung und dem Antriebsstrang selbst kleinere Batteriepakete, als man angesichts der Reichweite seiner Fahrzeuge erwarten würde. Angesichts hoher Batteriekosten könnte dies ein Grund dafür sein, dass Tesla die meiste Zeit des vergangenen Jahres zweistellige Gewinnspannen erzielte, neben anderen Faktoren wie der Größe seiner Fabriken und den hohen Fahrzeugpreisen in den USA.


   Heutige Batterien bis Ende des Jahrzehnts wohl ein Fall fürs Museum 

Viele Elektroautos, die Tesla den Rang streitig machen, wie zum Beispiel der Ford Mustang Mach-E, legen zusätzliche Batterien - und damit Kilogramm - drauf, um mithalten zu können. Dabei stellt sich bei diesem Ansatz die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Der Unterschied zwischen einem Benzinschlucker und seinem elektrischen Gegenstück besteht darin, dass der Hersteller einen Teil der Kosten für die Ineffizienz des Elektroautos im Voraus durch den Kauf von Batterien trägt. Er bürdet sie also nicht dem Verbraucher an der Zapfsäule auf. Traditionelle Autohersteller können ihr EV-Geschäft eine Zeit lang subventionieren, um einen Fuß in die Tür zu bekommen, aber wenn die Verkäufe anziehen, werden sie die Batteriekosten senken müssen. Das vieldiskutierte Konzept von GM, Ford und VW sieht dafür spezielle Elektroauto-Designs, skalierbare Batterietechnologien und eine eigene Zellproduktion vor.

Die Frage, wie man die Batterien so weit wie möglich ausreizen kann, wird erst allmählich in den Blick genommen. Auf der diesjährigen CES stellte Mercedes-Benz ein Konzeptfahrzeug vor, das auf Effizienz optimiert ist. Der "Vision EQXX" kann mit jeder kWh Batteriekapazität mehr als neun Kilometer fahren. Das Kostenproblem könnte mit der Zeit durch innovative Batterien entschärft werden. "Die heutigen Batterien werden bis zum Ende des Jahrzehnts im Museum zu sehen sein", so Analyst Adam Jonas von Morgan Stanley. Dennoch sind Unternehmen, die wissen, wie sie den größtmöglichen Nutzen aus der neuesten Batterietechnologie ziehen können, wohl im Vorteil. Im Zeitalter der Elektroautos bedeutet Kraftstoffeffizienz auch Kosteneffizienz. Die Anleger sollten darauf achten, auch wenn die Verbraucher es nicht tun.

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March 11, 2022 09:23 ET (14:23 GMT)