Washington/Berlin (Reuters) - Die US-Inflation verliert an Kraft und bietet der Notenbank Fed Spielraum für eine Zinspause nach der Serie rasanter Erhöhungen.

Die Verbraucherpreise stiegen im Mai um 4,0 nach 4,9 Prozent im April, wie das Arbeitsministerium am Dienstag in Washington mitteilte. Es ist die niedrigste Teuerungsrate seit mehr als zwei Jahren. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang auf 4,1 Prozent gerechnet. Experten erwarten, dass die Federal Reserve im Kampf gegen die hohe Inflation am Mittwoch erstmals seit Anfang 2022 die Füße stillhalten wird.

Die US-Notenbank dürfte den Rückgang der Teuerungsrate nach zehn geldpolitischen Straffungsschritten in Folge als Etappensieg verbuchen. "Das Inflationsthema verliert an Brisanz", meint Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. In Erwartung der Zinserhöhungspause deckten sich Anleger mit Aktien ein. Dax und EuroStoxx50 bauten ihre Gewinne leicht aus. Der Euro und die "Anti-Inflationswährung" Gold waren ebenfalls gefragt.

Kopfzerbrechen bereitet den US-Währungshütern trotz der nachlassenden Teuerung aber wohl die weiterhin hohe Kernrate, in der die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Lebensmittel außen vor bleiben. Diese Kennziffer für die sogenannte unterliegende Inflation sank nur leicht auf 5,3 von 5,5 Prozent. Bankenökonom Gitzel sieht die Inflation auch weiterhin auf dem Rückmarsch: "Die Teuerungsraten werden in den kommenden Monaten weiter deutlich fallen. Bereits im Juni dürfte die Inflationsrate nahe der Drei-Prozent-Marke liegen", sagte der Experte voraus. Auch die Kerninflationsrate werde ihren fallenden Trend beibehalten - vor allem dann, wenn in den kommenden Monaten die Mieten weniger deutlich ansteigen sollten.

WAS KOMMT NACH EINER PAUSE?

Die Kernrate gilt als guter Indikator für die grundlegenden Inflationstrends und wird deshalb von den Währungshütern genau analysiert. Sie erwägen zwar, die aktuelle Zinsspanne von 5,00 bis 5,25 Prozent am Mittwoch beizubehalten. Eine Pause sollte jedoch nicht als Signal interpretiert werden, dass der Zinsgipfel bereits erreicht sei, betonte jüngst Fed-Direktor Philip Jefferson. Somit könnte die Ära der Zinserhöhungen trotz der abflauenden Inflation noch nicht am Ende sein und womöglich ein Schritt nach oben im Juli folgen. Für die Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner und Christoph Balz hängt mit Blick auf den weiteren Zinskurs vieles davon ab, dass sich die hartnäckig hohe unterliegende Inflation ebenfalls ermäßigt: "Und hierfür liefern die heutigen Zahlen noch keinen Beleg", so das Fazit der Experten.

(Bericht von Lucia Mutikani, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Rene Wagner, Klaus Lauer, Hakan Ersen,; Redigiert von Hans Seidenstücker; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Lucia Mutikani