Zürich (awp) - Die Schweizerische Nationalbank (SNB) erweitert ihre Möglichkeiten, wie sie den Banken Liquidität zur Verfügung stellen kann. Sie will künftig allen Banken in der Schweiz bei Bedarf Liquidität gegen Hypotheken als Sicherheiten gewähren können, sofern sich diese dafür vorbereitet haben.

Die Ereignisse bei der Credit Suisse und im US-Bankensektor vor einigen Monaten hätten erneut verdeutlicht, wie wichtig es für Banken sei, punkto Liquidität vorzusorgen, sagte SNB-Vizepräsident Martin Schlegel am Donnerstag an der geldpolitischen Lagebeurteilung der Nationalbank. "Banken jeglicher Grösse können in Situationen geraten, in denen sie rasch viel Liquidität benötigen." Der Bedarf könne durch Unsicherheit im ganzen Bankensektor entstehen, aber auch bei einer einzelnen Bank etwa aufgrund einer Cyberattacke.

Voraussetzungen schaffen

Die Initiative fokussiere auf Hypotheken, weil sie die weitaus bedeutendste illiquide Bilanzposition im Bankensystem seien, sagte der SNB-Vizepräsident. Hypotheken machten rund 85 Prozent des inländischen Kreditvolumens aus.

Damit eine Bank im Bedarfsfall Liquidität gegen Hypotheken beziehen kann, müssen diese auf die SNB übertragbar sein. Dies erfordere aber rechtliche und operative Vorbereitungen durch die Bank. Angesichts der Vielzahl von Banken müsse die Übertragung standardisiert erfolgen. Dazu habe die SNB zusammen mit SIX Terravis einen digitalen Prozess entwickelt.

Keine Antwort auf CS-Krise

Als "Antwort auf die CS-Krise" sei das Projekt allerdings nicht zu verstehen, betonte Schlegel vor den Medien. So stand die Möglichkeit, Liquidität gegen Hypotheken als Sicherheit zu erhalten, den systemrelevanten Banken bereits zur Verfügung. Die Initiative zur Ausweitung auf alle Banken wurde zudem bereits 2019 gestartet, vergangenes Jahr begann die Umsetzung mit einem Politprojekt, wie Schlegel sagte.

Eine der Lehren der CS-Krise sei aber auch, dass sich die Institute in ruhigen Zeiten vorbereiten müssten, um in der Krise Liquidität beziehen zu können. Auch die CS hätte wohl nicht ihr ganzes Potenzial ausgeschöpft: "Durch grössere Vorbereitung hätten noch mehr Sicherheiten zur Verfügung stehen können."

Zu den Voraussetzungen der Liquiditätsgewährung gehöre aber auch, dass die entsprechende Bank noch solvent sei und ein tragfähiges Geschäftsmodell habe, betonte Schlegel. Gleichzeitig mache die SNB stets Abschläge, je nach Risiko der Sicherheiten. So dürfte eine Bank gegen Hypotheken im Wert von 1 Millionen Franken rund 800'000 Franken an Liquidität erhalten. "Das stellt sicher, dass die Nationalbank keine Verluste mit diesen Krediten macht."

Höhere Finanzstabilität

Die SNB erwarte nun von den Banken mit Hypothekargeschäft, dass sie an der Initiative teilnehmen. "Je mehr Banken diese neue Möglichkeit zum Liquiditätsbezug vorbereiten, desto grösser sind auch die Handlungsmöglichkeiten der SNB im Bedarfsfall", betonte Schlegel. Davon profitiere die Schweiz insgesamt. "Die Initiative trägt auf breiter Basis zur Finanzstabilität und zur Resilienz des Bankensystems bei."

Das neue Programm sei ein frischer Schritt, um die Widerstandsfähigkeit des Schweizer Bankensystems zu stärken, kommentierte Vontobel-Chefökonom Reto Cueni gegenüber der AWP. Ein solches Programm könnte allerdings auch Gefahr laufen, die Anreize für die Banken dahingehend zu verfälschen, ihr Hypothekenportfolio zu wenig straff zu führen, mahnt er. "Hier liegt es an der SNB, in der Ausgestaltung des Programms einer solchen Verfälschung durch andersgelagerte Anreize entgegenzuwirken."

tp/rw