Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Europäische Zentralbank (EZB), Federal Reserve und Bank of England (BoE) sind in den vergangenen Tagen auf einen Pfad höherer Zinsen eingeschwenkt - zumindest kommunikativ. Ursache war die Aussicht auf einen voraussichtlich noch langsameren Rückgang des unterliegenden Inflationsdrucks in den nächsten Jahren. In der Woche kommen die nächsten Inflationsdaten aus Europa und den USA, die den Finanzmärkten Stoff für neue Zinsalpträume liefern könnten. Außerdem auf dem Kalender: Der Ifo-Geschäftsklimindex, europäische Arbeitsmarktdaten und Daten zur Kreditvergabe.

EZB und Fed haben in den vergangenen Tagen wie erwartet ihre Zinsen leicht angehoben beziehungsweise eine Zinspause eingelegt und die Märkte darauf eingestimmt, dass es mit den Zinsen noch etwas weiter hinauf gehen könnte als bisher angenommen. Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) deutete für September eine weitere Zinserhöhung an. Grund ist, dass die Zentralbank-Ökonomen damit rechnen, dass die Kerninflation länger als bisher angenommen höher als 2 Prozent bleiben dürfte.


   Deutsche HVPI-Teuerung steigt im Juni auf 6,7 Prozent 

Ein erstes Update in Sachen Euroraum-Inflation kommt am Donnerstag (7.30 Uhr), wenn das Statistische Landesamt von Nordrhein-Westfalen die Verbraucherpreisdaten für Juni veröffentlicht. Weitere deutsche Bundesländer melden um 10.00 Uhr, und um 14.00 Uhr folgen die gesamtdeutschen Daten, dann auch mit dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI). Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten, dass der HVPI gegenüber dem Vormonat um 0,3 Prozent gestiegen ist und sehen die Jahresteuerungsrate bei 6,7 (Mai: 6,3) Prozent. Für den nationalen Verbraucherpreisindex wird ein monatlicher Anstieg von 0,2 Prozent erwartet und eine Jahresteuerung von 6,3 (6,1) Prozent.


   Euroraum-Kernteuerung steigt im Juni auf 5,4 Prozent 

Am Freitag (8.45 Uhr) folgen die französischen Daten und später (11.00 Uhr) die für den Euroraum. Volkswirte erwarten, dass die Verbraucherpreise gegenüber dem Vormonat um 0,3 Prozent gestiegen sind und um 5,6 (Mai: 6,1) Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats lagen. Analysten nehmen an, dass das Inflationsgeschehen stark von Basiseffekten beeinflusst wurde. So dürfte die Jahresteuerung von den Energie- und Nahrungsmittelpreise zusammengenommen um einen halben Prozentpunkt gedrückt worden sein. Dagegen könnte die ohne diese beiden Elemente berechnete Kerninflation auf 5,4 (5,3) Prozent angezogen haben. Für die EZB wäre das keine gute Nachricht.


   US-Kerninflation stagniert im Juni bei 4,7 Prozent 

In den USA ist die Inflationsrate im Mai auf 4,0 (4,9) Prozent gefallen und die Kerninflationsrate auf 5,3 (5,5) Prozent. Die Fed bevorzugt bei der Inflationsmessung allerdings den Preisindex der privaten Konsumausgaben (PCE-Deflator), dessen Mai-Daten am Freitag (14.30 Uhr) veröffentlicht werden. Laut Factset-Konsens wird ein Rückgang der Jahresteuerung auf 3,9 (4,4) Prozent erwartet, beim Kern-PCE-Deflator aber eine konstante Rate von 4,7 Prozent.


   Ifo-Geschäftsklimaindex sinkt im Juni 

Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft dürfte sich im Juni eingetrübt haben. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten, dass der Ifo-Geschäftsklimaindex auf 90,5 (Mai: 91,7) Punkte gesunken ist. Es wäre der zweite Rückgang in Folge.

Die deutsche Wirtschaft ist quasi in zwei Zonen unterschiedlicher Dynamik geteilt: Während die Industrie zunehmend unter den Problemen der Weltwirtschaft leidet, die mit Chinas vergleichsweise schwachem Wachstum und der weltweit straffen Geldpolitik zu tun haben, erfreut sich der Dienstleistungssektor weiterhin einer Post-Corona-Erholung. Die Frage - nicht erst seit dem jüngsten Absturz des Service-Einkaufsmanagerindex - ist: Wie lange noch?

Die von Ifo-Institut erhobenen Geschäftserwartungen sind im Mai erstmals seit September 2022 wieder gefallen, während die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage de facto auf dem Niveau von September 2022 geblieben ist. Für Juni erwarten die Analysten einen Rückgang des Lageindex auf 93,9 (94,8) Punkte, während die Geschäftserwartungen auf 88,0 (88,6) gefallen sein sollen. Das Ifo-Institut veröffentlicht die Daten am Montag (10.00 Uhr).


   Arbeitsmarktdaten aus Deutschland dem Euroraum 

Weitere wichtige Daten der Woche sind die zur Kreditvergabe im Euroraum (Mittwoch, 10.00 Uhr) sowie Arbeitsmarktdaten aus Deutschland für Juni (Freitag, 9.55 Uhr) und aus dem Euroraum für Mai (Freitag, 11.00 Uhr). Daten zum US-Auftragseingang langlebiger Wirtschaftsgüter kommen am Dienstag (14.30 Uhr). Am Donnerstag (9.30 Uhr) gibt die schwedische Riksbank ihre Zinsentscheidung bekannt, und am Mittwoch (22.30 Uhr) veröffentlicht die Fed die Ergebnisse des jüngsten Bankenstresstests.

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June 26, 2023 01:00 ET (05:00 GMT)