Von Andreas Plecko

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor, nach Ansicht der Commerzbank das verlässlichste Konjunkturbarometer für den Euroraum, ist im Juli zum dritten Mal in Folge gesunken. Mit einem Stand von 51,1 Punkten sendet der Indikator inzwischen ein klares Abschwungsignal, befand Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Der Index für das verarbeitende Gewerbe rutschte mit 42,7 noch tiefer in den rezessiven Bereich.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde räumte bei ihrer Pressekonferenz nach der jüngsten Ratssitzung ein, dass sich die Aussichten für die Wirtschaft der Eurozone verschlechtert haben, insbesondere im verarbeitenden Gewerbe. "Die Hoffnung der EZB auf eine Erholung der Konjunktur im zweiten Halbjahr haben mit den Daten einen weiteren heftigen Dämpfer erhalten", erklärte Weil. "Wir sehen uns in der Prognose bestätigt, nach der die sich abzeichnende leichte Zunahme des realen Bruttoinlandsproduktes im zweiten Quartal nur eine Eintagsfliege ist und die wirtschaftliche Leistung in der zweiten Jahreshälfte erneut zurückgehen wird."

Im Winter war die Eurozone knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt. Revidierte Daten zeigten, dass das BIP der Eurozone im ersten Quartal 2023 gegenüber dem Vorquartal stagnierte. Zuvor hatte es geheißen, dass die Wirtschaft um 0,1 Prozent geschrumpft sei. Die neuen Daten bedeuteten, dass die Währungszone eine technische Rezession vermieden hat, da es im vierten Quartal 2022 einen BIP-Rückgang um 0,1 Prozent gegeben hatte. Für das zweite Quartal rechnen Ökonomen mit einem BIP-Wachstum von 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal.


Eurozone-Inflation sinkt im Juli auf 5,3 Prozent 

Die EZB hat ihre Zinsen im Kampf gegen die Inflation kräftig nach oben geschraubt. Die Inflation in den meisten europäischen Volkswirtschaften hat sich abgeschwächt, doch die Besorgnis über den anhaltenden Preisanstieg in Sektoren wie Dienstleistungen und Lebensmitteln lassen die EZB auf der Hut sein. Trotz der Erwartung, dass die Inflation in Europa weiter zurückgehen wird, liegt die Rate weiterhin deutlich über dem Zielwert der EZB von 2 Prozent. Für Juli sagen Ökonomen einen Rückgang der Inflationsrate auf 5,3 von 5,5 Prozent voraus, die Kernrate soll ebenfalls auf 5,3 von 5,5 Prozent sinken.


Deutscher Auftragseingang fällt im Juni 

Der Auftragseingang der deutschen Industrie dürfte im Juni gefallen sein. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten einen Rückgang gegenüber dem Vormonat um 1,5 Prozent. Der Auftragseingang der deutschen Industrie befindet sich seit Monaten in einem Abwärtstrend. Dem exportabhängigen Sektor machen die Zinsanstiege rund um den Globus zu schaffen, mit denen Zentralbanken die Inflation bekämpfen. Das verteuert Kredite für deutsche Exportschlager wie Fahrzeuge und Maschinen. Zudem klagen viele Industrieunternehmen über Materialknappheit. Allerdings sorgen gut gefüllte Auftragsbücher dafür, dass der Industrie nicht so bald die Arbeit ausgehen wird.


Bank of England erhöht Leitzins weiter 

Die Bank of England (BoE) hat sogar mit einer noch höheren Inflation als die EZB und mit einer sehr schwachen Wirtschaft zu kämpfen. Im ersten Quartal wuchs das BIP nur geringfügig um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal, da eine durch hohe Inflation und steigende Zinssätze verursachte Krise der Lebenshaltungskosten die Wirtschaftstätigkeit belastete. Im Juni lag die jährliche Inflationsrate bei 7,9 Prozent, die Kernrate bei 7,1 Prozent. Da diese Daten etwas geringer ausgefallen waren als erwartet, gingen die Erwartungen für eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte etwas zurück. Mehrheitlich wird jetzt eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte erwartet.


US-Jobwachstum lässt im Juli langsam nach 

Wegen der strafferen Geldpolitik der US-Notenbank wurde erwartet, dass sich die Schaffung von Arbeitsplätzen abschwächen würde, was bisher aber nur sehr verhalten geschah. Jetzt zeigt sich aber, dass die Zinskampagne der Fed allmählich doch greift. Ökonomen rechnen nach dem Factset-Konsens für Juli mit 190.000 (Juni: 209.000) zusätzlichen Stellen. Die Arbeitslosenquote soll der Prognose zufolge auf 3,5 (3,6) Prozent sinken. Die Fed strebt eine weiche Landung der Wirtschaft an und mit seiner allmählichen Abschwächung entwickelt sich der US-Arbeitsmarkt genau so wie von der Fed gewünscht.

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DJG/apo/smh

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July 31, 2023 01:00 ET (05:00 GMT)