Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz hofft, dass Großbritannien den inhaftierten WikiLeaks-Gründers Julian Assange nicht an die USA ausliefert.

"Ich bin der Meinung, dass es schon gut wäre, wenn die britischen Gerichte ihm den notwendigen Schutz gewähren", sagte Scholz am Montag auf einer Diskussion mit Schülern in Sindelfingen. Denn Assange müsse in den USA mit Verfolgung rechnen, weil er amerikanische Staatsgeheimnisse verraten habe. "Das ist natürlich etwas, was in den USA nicht gefällt", fügte der SPD-Politiker hinzu.

Er habe aber den Eindruck, dass die Wahrscheinlichkeit einer Auslieferung tatsächlich gesunken sei. "Denn die Vertreter der Vereinigten Staaten konnten den britischen Richtern bei der letzten Verhandlung nicht zusichern, dass sich die mögliche Bestrafung in einem aus der Sicht Großbritanniens vertretbaren Rahmen bewegt", betonte der Kanzler.

Der High Court in London entscheidet über die Auslieferung von Assange an die USA. Dem 52-Jährigen droht in den USA eine Verurteilung unter anderem wegen Verrats, weil seine Enthüllungsplattform 2010 vertrauliche Informationen über das Vorgehen des US-Militärs veröffentlichte. Bei einer Verurteilung in den USA drohen Assange nach Angaben seines Anwalts-Teams bis zu 175 Jahre Haft, mindestens aber 30 bis 40 Jahre. Die USA werfen ihm diverse Vergehen vor, darunter den Verstoß gegen ein Spionagegesetz.

Anwalt Fitzgerald sieht die Vorwürfe gegen seinen Mandanten als unbegründet an, "weil er in Ausübung seiner üblichen journalistischen Tätigkeit geheime Informationen beschafft und veröffentlicht hat, die wahr und von öffentlichem Interesse sind". Assange veröffentlichte auf der Enthüllungsplattform geheime US-Berichte und Diplomatendepeschen, die er von Informanten zugespielt bekam. Die USA bezeichnen ihn seitdem als Staatsfeind, der das Leben anderer Menschen - wie jener in den Berichten zitierten Personen - gefährdet habe. Für seine Anhänger ist er dagegen ein Held, der Machtmissbrauch und Fehlverhalten der USA in den Kriegen in Afghanistan und dem Irak aufgedeckt habe.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)