FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 19. Januar 2016. Trotz kalter Dusche zu Jahresbeginn: Von Panik ist bei ETF-Anlegern weiterhin nichts zu spüren. Erst wurde verkauft, dann wieder gekauft. Das Handelsaufkommen ist hoch.

Nach dem desaströsen Start in das neue Jahr hat auch die vergangene Handelswoche nicht die ersehnte Wende gebracht. Die Kursrückgänge setzten sich vielmehr fort, wenn auch mit nachlassender Dynamik. Erst am heutigen Dienstag präsentiert sich der Markt wieder freundlicher.

ETF-Anleger zeigten sich weiter besonnen. "Bis zur Wochenmitte wurde viel verkauft, dann überwogen aber schon wieder die Käufe", berichtet Andreas Bartels von der Commerzbank. Unter dem Strich habe sich für die vergangene Woche ein ausgeglichenes Käufer/Verkäufer-Verhältnis ergeben - bei extrem hohen Umsätzen. "Wir hatten knapp 40.000 Transaktionen, der Durchschnitt 2015 lag bei knapp 30.000."

Auch bei der Unicredit war richtig viel los. "Je nach Stimmung am Markt ging es mal in die eine, mal in die andere Richtung, manchmal am gleichen Tag", stellt Gregor Hamme fest. "In der Summe hatten wir keine Abflüsse, im Gegenteil."

Bei der BNP Paribas dominierten hingegen die Verkäufe: Gregory Guerrand berichtet von Nettoabflüssen in Höhe von insgesamt 6,7 Milliarden Euro auf Wochensicht - vor allem aus US-Aktien. "Europa war deutlich weniger betroffen."

"Wir sind trotz des kurzfristigen Absturzes der Märkte bei den ETFs weiterhin in ruhigen Gewässern", bemerkt Marcel Sattler von der ICF Bank. Die Käufe, gemessen an der Anzahl der Orders, überwögen.

Am Dienstagmittag notiert der DAX bei 9.738 Punkten nach 9.521 am gestrigen Montag, zum Jahresende 2015 waren es noch 10.742 Zähler.

Kauflust kehrt schnell zurück

Erst auf den Verkaufs-, dann auf den Kauflisten standen bei der Commerzbank Euro Stoxx 50- (WKN 593395, ETF050) und DAX-Tracker (WKN 593393, DBX1DA, ETF001). Insgesamt lagen Zu- und Abflüsse gleichauf. "Panik war ohnehin nicht zu beobachten", bemerkt Bartels. Einen kleinen Käuferüberhang gab es in MSCI World-ETFs wie dem db x-trackers MSCI World und dem Pendant von Comstage (WKN DBX1MW, ETF110), in S&P-Trackern wurden beide Seiten gespielt. "Summa summarum hatten wir Zuflüsse in Euro Stoxx 50- und DAX-ETFs" erklärt unterdessen Hamme. Gut an kommen dem Händler zufolge weiterhin Dividendenstrategien, gesetzt werde etwa auf den SPDR S&P US Dividend Aristocrats (WKN A1JKS0).

Sattler meldet trotz der schwierigen Marktlage einen Kaufüberhang in den meisten der Standard-ETFs wie Euro Stoxx- oder DAX-Trackern. "Lediglich im Deka DAX (WKN ETFL01) kam es zu einer großen Anzahl an Verkäufen, die durch die Unterschreitung einer Stopp-loss-Marke ausgelöst wurden." In MDAX-ETFs wie dem iShares MDAX (WKN 593392) dominierten die Abgaben, wie Commerzbank und Unicredit berichten.

Rege gehandelt wurden laut Hamme auch Short- und Leveraged-ETFs. Auf der Umsatzliste der Börse Frankfurt für die vergangenen fünf Handelstage finden sich etwa der db x-tracker Short DAX (WKN DBX1DS), der db x-trackers Short DAX 2 Daily (WKN DBX0BY) und der db x-trackers LevDAX (WKN DBX0BZ).

Der japanische Aktienmarkt hat zuletzt heftig Federn lassen müssen, in der Heimatwährung ist der gesamte Gewinn aus dem Jahr 2015 wieder dahin, Euro-Anleger kommen wegen der schwachen Gemeinschaftswährung allerdings noch auf ein Plus. Sehr viele Rückflüsse hat Unicredit im iShares MSCI Japan Euro Hedged (WKN A1H53P) und im Amundi MSCI Japan (WKN A0REJW) beobachtet. Die Commerzbank meldet hingegen Käufe, sowohl in währungsgesicherten ETFs als auch solchen ohne Absicherung. Auch bei der BNP Paribas überwogen die Zuflüsse.

Emerging Markets weiter angeschlagen

Was Schwellenländer-ETFs angeht, setzt sich die Misere fort. "Es gibt nichts Positives zu berichten, wir sehen nur Abgaben", stellt Hammes Kollege Stefano Valenti fest. Betroffen seien vor allem breit aufgestellte Indexfonds wie der Lyxor MSCI Emerging Markets (WKN LYX0BX). Doch auch ETFs, die die Entwicklung einzelner Länder abbilden, würden abgestoßen. "Stark verkauft wurde etwa der Lyxor China Enterprise (WKN A0F5BW)." Der hat in diesem Jahr weiter kräftig an Wert verloren, seit dem Hoch vom April 2015 sind es mittlerweile 44 Prozent.

Die aktuelle Beruhigung an den Märkten hat bei der Unicredit offenbar noch keine Käufer auf den Plan gerufen. "Bislang sehen wir keine Einsteiger", meint Valenti. Doch einige Anleger nutzten die niedrigen Kurse offenbar bereits vergangene Woche für Positionierungen: Kunden der Commerzbank griffen bei Emerging Markets-ETFs zu, auch Guerrand meldet für die BNP Paribas einen Käuferüberhang in chinesischen Aktien - wenn auch einen kleinen.

Suche nach Solidem

Im Handel mit Branchen-ETFs trennten sich Anleger Hamme zufolge vom SPDR MSCI Europe Financials (WKN A1191R) und - in geringerem Umfang - auch vom iShares Euro Stoxx Banks (WKN 628930). "Insgesamt ist das angesichts der unterdurchschnittlichen Entwicklung von Bankaktien aber weniger, als man erwarten würde." Die Commerzbank meldet Abflüsse aus Immobilien- und Energie-ETFs sowie Zuflüsse in die Konsumgüterbranche.

Es war wieder einmal eine Woche der Aktien, Festverzinsliches spielte nur eine Nebenrolle. Guerrand zufolge fanden Anleger vor allem an US-Staatsanleihen Gefallen. "Generell sind gute Ratings gefragt, also Investment Grade-Anleihen, und High Yield-Anleihen unbeliebt."

Bartels meldet Zuflüsse in europäische Staatsanleihen mit kürzeren Laufzeiten und Abflüsse aus solchen mit Laufzeiten von zehn und mehr Jahren. Abgegeben worden seien auch spanische und italienische Staatsanleihen sowie High Yield-Bonds.

von: Anna-Maria Borse

© 19. Januar 2016 - Deutsche Börse AG

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