Von Jon Sindreu

LONDON (Dow Jones)-Die UBS freut sich dank des Kaufs der Credit Suisse zunehmend über den Deal des Jahrzehnts. Zuletzt gab die Bank mit Hauptsitz in Zürich bekannt, dass sie die Verlustschutzvereinbarung aufgeben werde, die sie mit der Schweizer Regierung ausgehandelt hatte, als sie den in Schwierigkeiten geratenen Konkurrenten Credit Suisse übernahm.

Im Rahmen des staatlich organisierten Deals hätte die öffentliche Hand Verluste in Höhe von 9 Milliarden Schweizer Franken aus dem Portfolio der nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögenswerte der Credit Suisse geschultert. Das hätte gegolten, solange die UBS die ersten 5 Milliarden Franken auf ihre Kappe genommen hätte. Die UBS kündigte zudem einen Liquiditäts-Backstop bei der Schweizerischen Nationalbank an und zahlt einen Kredit zurück, den die Credit Suisse bei den Währungshütern aufgenommen hatte.

Man könnte annehmen, den Anlegern stoße es bitter auf, dass die UBS die kostenlose Versicherung ohne erkennbaren Nutzen aufgibt. Dennoch schnellten die Aktien wegen dieser Nachrichten um fast 5 Prozent nach oben. Und die Märkte haben Recht, zu feiern. Ein Grund ist politischer Natur. Die Übernahme der Credit Suisse, die im März während einer Mini-Bankenkrise von den Schweizer Behörden unterstützt wurde, stieß auf verbreitete Ablehnung. Abgeordnete rügten den Schritt und läuteten eine parlamentarische Untersuchung ein.

Diese Woche hat abermals in Erinnerung gerufen, dass diese Art öffentlicher Gegenreaktion von großer Bedeutung sein kann. So gerieten italienische Bankaktien ins Wanken, nachdem Rom eine Steuer auf überschüssige Nettozinserträge von Banken eingeführt hatte. Auch wenn die Politiker die Vorschläge später abgeschwächt haben, ist die Lektion klar. Banken gelten mittlerweile als öffentliche Versorgungsunternehmen mit impliziter staatlicher Absicherung - im Gegensatz zu den Spielern des freien Marktes aus der Zeit vor 2008. Und so fühlen sich die Regierungen zum Eingreifen berechtigt, wann immer sie das Gefühl haben, dass diese Unternehmen zu viel Geld verdienen.

Im Fall der UBS betrifft eine politische Frage ihr Ziel, das Schweiz-Geschäft der Credit Suisse zu behalten, statt es zu verkaufen. Eine Fusion der beiden Schweiz-Geschäfte hat erhebliche kartellrechtliche Auswirkungen und würde den Abbau von Tausenden von Arbeitsplätzen bedeuten. Die Abschaffung der staatlichen Unterstützung könnte dem Unternehmen den Weg ebnen, da es nach inländischen Geschäftssynergien sucht.


   Bei der Credit Suisse wohl weniger Leichen im Keller als gedacht 

Der andere Grund für die Zufriedenheit der Anleger ist eher finanzieller Natur. Der Schritt der UBS signalisiert, dass sie nicht allzu viele Leichen im Keller der Credit Suisse gefunden hat. Als die Übernahme der Credit Suisse im Juni abgeschlossen wurde, zahlte UBS nur 3,6 Milliarden US-Dollar für den Erwerb von Vermögenswerten mit einem geschätzten materiellen Wert von 38 Milliarden Dollar. Der niedrige Preis beruhte auf der Annahme, dass der Deal überstürzt erfolgte und es viele Unbekannte in den Büchern der Bank gab.

Als die UBS das Geschäft im Detail durchkämmte, waren zwei Ergebnisse möglich. Entweder würden böse Überraschungen auftauchen, die die Notwendigkeit der Staatsgarantie rechtfertigten, oder es würde klar, dass sie mit dem Kauf der Credit Suisse ein üppiges Gratismahl bekommen habe. Im letzteren Fall würde die Beibehaltung der expliziten staatlichen Unterstützung nur die Gefahr in sich bergen, dass die Politik einen Teil des unerwarteten Gewinns zurückfordert.

Obwohl der Prozess noch am Anfang steht, scheint sich das günstigere Szenario abzuzeichnen. "Nach Prüfung aller Vermögenswerte, die seit dem Abschluss im Juni unter das Kredit-Erwerb-Abkommen (LPA) fallen, und der entsprechenden Anpassungen des beizulegenden Zeitwerts ist die UBS zu dem Schluss gekommen, dass das LPA nicht mehr erforderlich ist." Das ist die deutlichste Aussage des Unternehmens zu diesem Thema seit Juni und ein gutes Zeichen für die Ergebnisse des zweiten Quartals, die Ende August anstehen. Manchmal ist der Verzicht auf ein Sicherheitsnetz ein sicheres Zeichen von Selbstvertrauen.

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August 11, 2023 09:19 ET (13:19 GMT)