Bern (awp) - Der Schweizer Arbeitsmarkt ist in bester Verfassung: Viele Arbeitssuchende haben im vergangenen Jahr eine Stelle gefunden, es herrscht nahezu Vollbeschäftigung und die Finanzen der Arbeitslosenversicherung sind im Lot. Für Diskussionsstoff sorgt aber die Frage, wie ältere Arbeitssuchende besser unterstützt werden können.

Die am Freitag vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) vorgelegten Daten zeichnen ein positives Bild des hiesigen Arbeitsmarkts: Die Arbeitslosenquote ist 2019 im Durchschnitt um 0,2 Prozentpunkte auf 2,3 Prozent zurückgegangen und liegt so tief wie zuletzt Anfang der 2000er-Jahre. Und die Zahl der als arbeitslos gemeldeten Personen sank um 9,5 Prozent auf noch 107'000.

Der Arbeitsmarkt habe sich in einem weltweit von Unsicherheit geprägten Konjunkturumfeld sehr erfreulich entwickelt, bilanzierte Boris Zürcher, Leiter der Direktion Arbeit beim Seco, vor den Medien. In den Sommermonaten sei die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit 2008 sogar unter die Schwelle von 100'000 gefallen.

Die positive Stimmung am Arbeitsmarkt zeige sich auch anhand weiterer Entwicklungen: So sei die Zahl der Langzeitarbeitslosen um gut ein Fünftel gesunken und auch der rückläufige Trend bei ausgesteuerten Personen, die keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosenentschädigung haben, halte an. Zudem hätten Arbeitssuchende im Durchschnitt nach nur sechs Monaten wieder eine Stelle gefunden, betonte Zürcher.

Hilfe für ältere Arbeitslose

Doch nicht alle profitieren gleich gut von der positiven Entwicklung. Zu reden geben nach wie vor die Herausforderungen, die sich älteren Arbeitslosen stellen. Zwar ging auch bei den 50- bis 64-Jährigen die Arbeitslosenquote zurück. Im Durchschnitt vergingen laut Statistik aber beinahe neun Monate, bis sie Arbeit fanden. Bei den 15- bis 24-Jährigen waren es nur drei Monate.

Ältere Arbeitnehmende hätten bei der Arbeitssuche mehr Mühe als jüngere, stellt Adrian Wüthrich vom Arbeitnehmerverband Travail.Suisse fest. Es sei daher nicht erstaunlich, dass bei Langzeitarbeitslosen ältere Menschen stärker vertreten seien, was sich in den letzten Jahren auch bei den Aussteuerungen gezeigt habe.

Die Politik hat das Problem erkannt: Der Bundesrat stellt künftig für Projekte zur Wiedereingliederung älterer Arbeitssuchenden zusätzliche Mittel zur Verfügung. Noch würden konkrete Massnahmen beraten, Pläne gebe es aber betreffend praxisnaher Schulung und verbesserter Beratung, sagte Zürcher. Darüber hinaus wird im Parlament über die Einführung einer Überbrückungsrente für ausgesteuerte Arbeitslose über 60 diskutiert.

Trübere Aussichten

Künftig sei allgemein mit etwas höheren Arbeitslosenquoten zu rechnen, fuhr Zürcher fort. Das Seco erwartet für 2020 einen leichten Anstieg auf 2,4 Prozent und einen Wert von 2,6 Prozent im Jahr darauf. Die gedämpfte Konjunkturlage werde wie gewohnt mit Verzögerung auch auf den Arbeitsmarkt durchschlagen, hiess es.

Bereits im Monat Dezember legte die Arbeitslosenquote auf 2,5 von 2,3 Prozent im Monat davor zu. Dafür machte Boris Zürcher jedoch in erster Linie saisonale Effekte verantwortlich. Vor allem in der Baubranche nehme die Arbeitslosigkeit in der kalten Jahreszeit in der Regel zu, was auch diesmal der Fall war. Um saisonale Faktoren bereinigt verharrte die Quote bei 2,3 Prozent.

Das Seco zählte zum Jahresende zudem 10'500 Stellensuchende mehr als im Vormonat. Und die Zahl der als offen gemeldeten Stellen sank auf knapp 30'000. Mehr als die Hälfte davon unterlag der im Juli 2018 eingeführten Stellenmeldepflicht für Berufsarten mit einer Arbeitslosenquote von mindestens 8 Prozent. Seit Jahresbeginn gilt dafür mit 5 Prozent ein neuer Grenzwert.

Schuldenfreie ALV

Die zuletzt gute Entwicklung am Arbeitsmarkt entlastet auch die Kassen des Bundes. Das Rechnungsjahr 2019 schloss der Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung (ALV) Schätzungen zufolge mit einem Überschuss von 1,60 Milliarden Franken ab und so können die bei der Bundestresorie offenen Darlehen restlos zurückbezahlt werden.

Die gute Finanzlage werde dazu führen, dass das 2011 zur Sanierung der ALV eingeführte Solidaritätsprozent aufgehoben werden könne, versprach Oliver Schärli, Leiter des Seco-Bereichs Arbeitsmarkt/Arbeitslosenversicherung. Das werde allerdings frühestens 2021 der Fall sein. Das Beitragsprozent wird auf höheren, nicht versicherten Lohnanteilen erhoben.

mk/tt