WASHINGTON (dpa-AFX) - Im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump im Senat setzen die Anklagevertreter des Repräsentantenhauses ihre Plädoyers fort. Das Team aus sieben demokratischen Kongressabgeordneten hat noch bis diesen Freitag Zeit, den Senatoren die beiden Anklagepunkte gegen Trump in dem Impeachment-Verfahren zu erläutern. Zum Auftakt der Plädoyers am Mittwoch hatte der Leiter des Teams, Adam Schiff, an das Gewissen der Senatoren appelliert und sie zur Unvoreingenommenheit aufgerufen.

"Die Verfassung überträgt Ihnen die Verantwortung, als unparteiische Geschworene zu handeln", sagte Schiff, der dem Geheimdienstausschuss im Repräsentantenhaus vorsteht. Die Parteizugehörigkeit dürfe dabei keine Rolle spielen. "Wir sind der Verfassung und der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet." Trumps Republikaner haben im Senat die Mehrheit. Bislang deutet nichts darauf hin, dass es den Demokraten gelingt, Republikaner in der Frage einer Amtsenthebung Trumps auf ihre Seite zu ziehen.

Schiff rief die Senatoren am Mittwoch auf "zu entscheiden, welche Art von Demokratie wir Ihrer Meinung nach sein sollten. Und was das amerikanische Volk beim Verhalten seines Präsidenten zu Recht erwarten darf." Schiff forderte die Senatoren erneut dazu auf, im Sinne eines fairen Verfahrens neue Zeugen anzuhören und Dokumente anzufordern.

Trump ist erst der dritte Präsident in der US-Geschichte, gegen den ein Amtsenthebungsverfahren im Senat geführt wird. Die Demokraten im US-Repräsentantenhaus haben ihn wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt. Die Entscheidung über diese Vorwürfe liegt beim Senat, der bei einem Amtsenthebungsverfahren die Rolle eines Gerichts einnimmt. Wegen der republikanischen Mehrheit im Senat ist es extrem unwahrscheinlich, dass Trump am Ende des Amtes enthoben werden könnte.

Die Demokraten beschuldigen Trump, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Sie sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen ein Treffen mit Selenskyj im Weißen Haus und die Freigabe von Militärhilfe für die Ukraine abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren. Trump weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer "Hexenjagd".

Seit Mittwoch hat das Anklageteam der demokratischen Abgeordneten - verteilt über drei Tage - insgesamt 24 Stunden Zeit für den Versuch, die Senatoren von den beiden Anklagepunkten des Repräsentantenhauses zu überzeugen. Die sogenannten Impeachment-Manager begannen am Mittwoch damit, detailliert die Ergebnisse aus den Zeugenanhörungen der vergangenen Wochen im Repräsentantenhaus darzulegen.

Dabei zeigten sie Ausschnitte aus den Befragungen und erzählten chronologisch Geschehnisse der Ukraine-Affäre nach. Der demokratische Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Jerry Nadler, warf Trump vor, dieser habe allein im persönlichen Interesse gehandelt und sich einen Vorteil für seine Wiederwahlkampagne verschaffen wollen.

Nach der Präsentation der Ankläger haben - voraussichtlich ab Samstag - Trumps Verteidiger ebenfalls 24 Stunden Zeit, um ihre Sicht der Dinge darzustellen. Sie hatten schon vor den Plädoyers argumentiert, der Präsident habe sich nichts zuschulden kommen lassen. "Annahmen, Vermutungen und Spekulationen auf Grundlage von Hörensagen" seien das einzige, auf das sich die Demokraten beriefen.

Nach den Plädoyers beider Seiten sollen die Senatoren in der kommenden Woche die Möglichkeit haben, schriftlich Fragen zu stellen. Erst anschließend soll der Senat darüber entscheiden, ob auch Zeugen vorgeladen werden oder nicht. Die Demokraten kämpfen seit Wochen dafür, neue Zeugen im Senat zu hören - bislang vergeblich. Sie wollten unter anderem die Vorladung von Trumps geschäftsführendem Stabschef, Mick Mulvaney, und des früheren nationalen Sicherheitsberaters, John Bolton, erreichen - letzterer hatte sich überraschend zur Aussage bereiterklärt. Außerdem wollen die Demokraten durchsetzen, dass der Senat vorab zahlreiche Dokumente für das Verfahren anfordert - unter anderem vom Weißen Haus, dem US-Außenministerium und dem Pentagon./cy/jac/DP/stw