SEOUL (dpa-AFX) - Bei der vorgezogenen Präsidentenwahl in Südkorea läuft es nach der Absetzung der konservativen Staatschefin Park Geun Hye vor zwei Monaten auf einen Machtwechsel hinaus. Nach einer gemeinsamen Wählerbefragung der Fernsehsender KBS, MBC und SBS, die am Dienstag nach der Schließung der Wahllokale (20.00 Uhr Ortszeit - 13.00 Uhr MESZ) veröffentlicht wurde, lag der linksliberale Oppositionskandidat Moon Jae In von der Demokratischen Partei mit 41,4 Prozent der abgegebenen Stimmen deutlich vorn.

Danach folgten seine zwei größten Konkurrenten: Der Konservative Hong Jun Pyo kann den Prognosen zufolge mit 23,3 Prozent und der Zentrumspolitiker Ahn Cheol Soo mit 21,8 Prozent der Stimmen rechnen. Eine Stichwahl der Bestplatzierten wie in Frankreich gibt es nicht. Mit ersten sicheren Ergebnissen wurde in der Nacht zum Mittwoch gerechnet. Die Sender wiesen darauf hin, dass sich aus Wählerbefragungen keine präzisen Ergebnisse voraussagen ließen.

Es ist Moons zweiter Anlauf auf das höchste Staatsamt. Der 64-jährige frühere Menschenrechtsanwalt hatte bei der Präsidentenwahl im Dezember 2012 gegen Park verloren. Moon hatte bei den Umfragen zur Wahl bis zuletzt vorne gelegen.

Die Wahl stand unter dem Eindruck des Korruptionsskandals um eine enge Vertraute Parks sowie der wachsenden Spannungen im Atomstreit mit Nordkorea. Die Abstimmung hat große strategische Bedeutung für Asiens viertgrößte Volkswirtschaft. Im Präsidialsystem des Landes trifft das Staatsoberhaupt fast alle wichtigen Entscheidungen.

Der neue Präsident soll bereits am Mittwoch ohne die übliche zweimonatige Übergangszeit die Amtsgeschäfte aufnehmen. Etwa 42,5 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Beteiligung lag bei 77,2 Prozent, wie die nationale Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf die staatliche Wahlkommission berichtete.

Notwendig geworden war die vorgezogene Wahl nach der Amtsenthebung Parks durch das Verfassungsgericht am 10. März. Der Skandal hatte die Menschen monatelang aufgewühlt und dem liberalen Lager eine höhere Zustimmung eingebracht.

Park muss sich in den nächsten Monaten wegen Bestechlichkeit, Machtmissbrauchs und anderer Vorwürfe vor Gericht verantworten. Im Zentrum der Affäre steht ihre Freundin Choi Soon Sil. Diese soll ihre Beziehungen zu Park benutzt haben, um Sponsorengelder von Unternehmen für ihre Organisationen einzutreiben, und sich in die Staatsgeschäfte eingemischt haben.

Neben dem wirtschafts- und sozialpolitischen Kurs in den nächsten fünf Jahren ging es bei der Wahl auch um den Umgang mit der kommunistischen Führung in Pjöngjang, das schwierige Verhältnis zu Japan und die Zusammenarbeit mit dem Bündnispartner USA. US-Präsident Donald Trump hatte mehrfach mit Alleingängen im Atomstreit mit Nordkorea gedroht und auch einen Militärschlag nicht ausgeschlossen.

Moon will im Falle eines Wahlsiegs wieder stärker auf Nordkorea zugehen. Sein Rivale Hong von der Freiheitspartei Koreas - der umbenannten Park-Partei Saenuri - spricht sich dagegen für eine Wiedereinführung taktischer Atomwaffen der USA in Südkorea aus./dg/DP/mis