- von Alexander Hübner

München (Reuters) - Der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler will sich auch nach der Übernahme des Antriebsspezialisten Vitesco nicht ganz auf die Elektromobilität verlegen.

"Wir setzen auf Vielfalt im Antriebsstrang", sagte Vorstandschef Klaus Rosenfeld am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Ob sich die E-Mobilität schneller oder langsamer durchsetzt, ist daher zweitrangig." Er glaube daran, dass sich Elektrofahrzeuge mittelfristig durchsetzten, eine "Rolle rückwärts" werde es auch in der EU-Regulierung nicht geben. Es könne aber länger dauern: "Dass alle Fahrzeuge elektrifiziert sind, halte ich für die nächsten zwei Dekaden für unrealistisch. Am Ende entscheidet der Kunde, was er fahren will", sagte Rosenfeld auf der virtuellen Bilanzpressekonferenz in Herzogenaurach.

Im abgelaufenen Jahr habe Schaeffler Aufträge über 5,1 Milliarden Euro rund um die Elektromobilität erhalten. "Aber das heißt auch, dass acht Milliarden aus anderen Bereichen kommen", betonte Rosenfeld. Der Regensburger Autozulieferer Vitesco, den Schaeffler für bis zu 3,8 Milliarden Euro übernimmt, hatte sich ganz dem Umbau auf Elektroantriebe verschrieben. Schaeffler werde davon profitieren, sagte Analyst Pal Skirta von Metzler Equities. "Die Autobauer wissen, dass sie nach der Fusion bei Schaeffler alles bekommen, was sie für die E-Mobilität brauchen."

Die komplexe Übernahme von Vitesco, die Rosenfeld im Herbst angekündigt hatte, bringt zwei Jahre lang das Zahlenwerk von Schaeffler durcheinander. 2023 sank der Nettogewinn auf 310 (2022: 557) Millionen Euro, weil das Unternehmen die Vitesco-Aktien in seinen Büchern zum Börsenkurs bewerten musste. Das habe den Gewinn mit 231 Millionen Euro belastet, sei aber ein rein buchhalterischer Effekt, sagte Finanzvorstand Claus Bauer. Vor Sondereffekten wäre der Nettogewinn auf 623 (610) Millionen Euro gestiegen. Die Vorzugsaktionäre sollen wie angekündigt eine stabile Dividende von 45 Cent je Aktie erhalten.

Schaeffler hatte sich über den Jahreswechsel zusammen mit der Familienholding IHO knapp 89 Prozent an Vitesco gesichert, im nächsten Schritt soll die Neuerwerbung auf die Schaeffler AG verschmolzen werden. Das dürfte erst im vierten Quartal über die Bühne gehen, weshalb Schaeffler Gewinne und Umsätze von Vitesco 2024 nur für die letzten drei Monate verbuchen kann. "2024 ist ein Übergangsjahr, in dem wir an vielen Stellen mit Gegenwind umgehen müssen", sagte Rosenfeld zu Reuters. Die Prognose fällt vage aus. Der Umsatz soll dank der Übernahme "deutlich steigen" und die bereinigte operative Umsatzrendite (Ebit-Marge) zwischen sechs und neun Prozent liegen.

Schaeffler will mit der Übernahme rund 600 Millionen Euro einsparen, einen Stellenabbau soll es aber allenfalls in der Verwaltung geben. "Wir werden das sozialverträglich machen", betonte der Vorstandschef.

2023 steigerte Schaeffler die Rendite auf 7,3 (6,6) Prozent, was innerhalb der eigenen Prognose, aber unter den Erwartungen der Analysten lag. Das bereinigte operative Ergebnis stieg um 13 Prozent auf 1,19 Milliarden Euro, obwohl die Industriesparte schwächelte. Grund für den Anstieg seien höhere Stückzahlen und Preise. Der Umsatz kletterte währungsbereinigt um 5,8 Prozent auf 16,3 Milliarden Euro, prognostiziert hatte der Vorstand ein Plus von fünf bis acht Prozent.

(Mitarbeit von Chiara Holzhäuser und Louis Boxel-Woolf; redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)