"Die Konsolidierung der Kabelbranche wird weitergehen und primacom wird diese Konsolidierung anführen". Mit diesem selbstbewussten Statement von Joachim Grendel, CEO von primacom, endete am 20. Mai im noblen Frankfurter Hotel "Hessischer Hof" eine Podiumsdiskussion des "Telecommunications Executive Circle", kurz TEC. Das Beratungsunternehmen Böcker Ziemen, die diese Veranstaltungsreihe für Top-Manager, Banker, Analysten und Journalisten der Telekommunikationsbranche ausrichtet, hatte zu diesem Anlass eine Studie präsentiert, die das Erfolgsgeheimnis der Kabelnetzbetreiber auf den Grund geht (Die Studie kann über die Website des Veranstalters zum Download bestellt werden). Der Titel der Studie wie der Veranstaltung lautete: "Wachstumsrakete Breitband - warum boosten die Kabler?"

"Wir beschleunigen auf über 400 Mbit/s"

Folgerichtig saß mit Joachim Grendel der Repräsentant des Unternehmens auf dem Podium, das seit 2011 immer neue Wachstumsrekorde bricht: primacom. Nach den Zukunftsperspektiven seines Unternehmens und der Branche insgesamt befragt, prognostizierte Grendel nicht nur ein fortgesetzt rasantes Wachstum von Umsatz und Geschäftsergebnissen, sondern auch der Internetbandbreite: "Von heute 150 Mbit/s werden wir uns in den nächsten Jahren in Richtung 400 - 500 Mbit/s beschleunigen". Das Kabel soll den DSL-Anbietern nicht nur bei privaten Haushalten, sondern auch bei Geschäftskunden den Rang ablaufen, also Büros, Praxen und bei Ladeninhabern. Grendel: "Wir haben eine spannende Zeit vor uns - für das Kupferkabel wird es dagegen schwierig."

Moderator Martin Gutberlet unterstützte diese Prognose mit aktuellen Marktzahlen: Vodafone verlor im letzten Quartal stark bei den DSL-Kunden, konnte diesen Verlust jedoch dank der Übernahme von Kabel Deutschland weit mehr als wettmachen. Die Frage nach weiteren Übernahmen stand also deutlich im Raum. Joachim Grendel: "Das Kabel ist ein Skalengeschäft; wir werden in fünf Jahren deutlich weniger Anbieter im Markt sehen als heute."

Breitband-Förderung der Regierung mit abstrusen Folgen

Joachim Grendels Ankündigung, das Bandbreiten-Tempo von heute 150 Mbit/s weiter zu beschleunigen, wurde von einigen Teilnehmern im Publikum kritisch hinterfragt: Wer braucht schon so viel Bandbreite? Joachim Grendel verwies auf einen drastischen Anstieg der genutzten Bandbreite in den genutzten Haushalten. "Wir rechnen inzwischen mit einer Verdoppelung innerhalb acht, neun Monaten". Diese Aussage wurde auch von anderen Podiumsgästen bestätigt, etwa Jens Prautsch, Vorsitzender der Geschäftsführung des Münchner Betreibers M-Net. Er verwies unter anderem darauf, dass immer mehr Fernsehzuschauer parallel zum TV-Programm das Internet nutzen ("second screen") und dass vernetzte Hausgeräte ("connected home") als neuer Megatrend den Bandbreitenhunger weiter anheizen werden.

Mit Joachim Grendel, Jens Prautsch, Dirk Brameier (Geschäftsführer EWE TEL) und Dr. Arno Wilfert (CFO Pepcom) hatte der Veranstalter Vertreter des Mittelstands eingeladen, die unisono die Breitband-Förderpolitik der Bundesregierung kritisierten. Sie führe nicht dazu, ländliche Gebiete erstmals mit schnellem Internet zu versorgen, sondern fördere bisher die Mehrfach-Versorgung der Ballungsräume. Die Deutsche Telekom nutze Fördergeld vor allem, um vorhandene Netze zu überbauen: In Großstädten wie München konkurrieren heute M-Net, Pepcom, die Deutsche Telekom und Vodafone um Internetkunden.

Besonders ärgerlich sei es, führte Joachim Grendel aus, wenn Kommunen mit Steuergeldern nicht etwa dort Glasfaserkabel verlegten, wo Breitband fehlt, sondern ausgerechnet da, wo ein mittelständischer Kabelnetzbetreiber längst ein leistungsstarkes Breitband-Angebot bereit hält. Dieser Bau von überflüssigen Leitungen durch die öffentliche Hand sei gerade angesichts der extrem schwierigen Finanzlage vieler Kommunen unverständlich. Diese Kritik blieb seitens M-Net und EWE TEL, die beide Tochterunternehmen von kommunalen Energieversorgern sind, nicht unwidersprochen.

Reicht es, eine reine Daten-Pipeline zu legen?

Überhaupt traten trotz vieler Gemeinsamkeiten auch die strategischen Unterschiede der vertretenen Unternehmen deutlich zu Tage: Reicht es, wenn ein Breitbandanbieter sich auf die Rolle einer "Dump Pipe", also einer reinen Daten-Durchleitung begnügt? Dr. Arno Wilfert bejahte diese Frage für die Pepcom. Mit dem Fokus auf Gestattungsverträge mit der Wohnungswirtschaft und der einfachen Durchleitung von Fernsehprogrammen und Daten sei sein Unternehmen sehr erfolgreich am Markt, betonte er - und erntete sogleich Widerspruch: Wer sich als "Dump Pipe" definiert, läuft Gefahr, nur andere Dienstanbieter reich zu machen und selbst nicht mehr an der Wertschöpfung teilzunehmen - so die Kritik aus dem Publikum und von Dirk Brameier - zumal die Umsätze mit Gestattungsverträgen nicht gerade in den Himmel wachsen. Jens Prautsch verwies auf die Bedeutung des Bouquets, also der Programmpakete, für die Wohnungswirtschaft und ihre Mieter. Auch Joachim Grendel warnte davor,Gestattungsverträge als "flauschige Bettdecke" zu betrachten. Neben einem attraktiven Programm- und Diensteangebot sei auch eine starke, professionelle Marke wichtig, so Grendel. Um innovative Plattformen betreiben und vermarkten zu können, benötigen Kabelnetzbetreiber eine gewisse Größenordnung - auch deshalb sei eine weitere Konsolidierung des Marktes unumgänglich.

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