Von Dan Gallagher

CUPERTINO (Dow Jones)--Apple ist heute eine Billion US-Dollar mehr wert als noch vor neun Monaten, doch die Perspektiven des Tech-Giganten haben sich in dieser Zeit nicht wesentlich verändert.

Das Unternehmen, das hinter dem iPhone, den AirPods und der US-Comedyserie "Ted Lasso" steht, hat am Montag als erstes Unternehmen einen Marktwert von drei Billionen US-Dollar erreicht. Apple ist nicht allein im exklusiven Billionen-Dollar-Club: Microsoft, die Google-Muttergesellschaft Alphabet, Amazon, Tesla und Saudi Aramco notieren alle 13-stellig. Die Facebook-Muttergesellschaft Meta Platforms steht kurz davor, sich ihnen anzuschließen.

Das allein sagt schon viel über die Dynamik aus, die die Aktien von Apple und anderen großen Technologieunternehmen dieser Tage antreibt. In einem Markt mit Meme-Aktien, NFTs und Herstellern von Elektrofahrzeugen, die mehr als 80 Milliarden US-Dollar wert sind, bevor sie ihr erstes Auto ausliefern, erscheinen Billionen-Dollar-Werte für Unternehmen, deren Waren und Dienstleistungen im Mittelpunkt des modernen Lebens stehen, nicht so bemerkenswert. Das gilt umso mehr, wenn sie gleichzeitig und verlässlich Milliarden an Betriebseinnahmen erwirtschaften.


   Vom Marktanstieg beflügelt - aber nicht nur 

Die Anleger sind insgesamt mehr Risiken eingegangen. Der S&P 500 und der Nasdaq Composite Index notieren jetzt 17 Prozent beziehungsweise 23 Prozent über ihrem jeweiligen Fünfjahres-Durchschnittsmultiplikator der voraussichtlichen Gewinne. Der steile Kursanstieg von Apple kann jedoch nicht ausschließlich auf die Marktstimmung zurückgeführt werden. Mit einem aktuellen Multiplikator von mehr als dem 31-fachen des voraussichtlichen Gewinns genießt Apple einen Aufschlag von 42 Prozent gegenüber dem S&P 500, verglichen mit einem Fünfjahresdurchschnitt von nur 4 Prozent.

Anleger, die darauf setzen, dass das Unternehmen - um mit den Worten von Steve Jobs zu sprechen - das nächste große Ding entwickelt, bejubeln Gerüchte über zukünftige Produkte wie Augmented-Reality-Brillen und sogar ein Elektroauto. Vor allem letzteres scheint aber noch in weiter Ferne, falls es überhaupt jemals auf den Markt kommen sollte.

Ein Großteil der erhöhten Forschungs- und Entwicklungsausgaben in den letzten Jahren floss weniger in neue Produkte für Apples Schaufenster. Die Ausgaben folgten eher internen Bedürfnissen wie der Entwicklung eigener Chips für seine Geräte. Solche Bemühungen können zweifellos zu attraktiveren Produkten führen. Apples neueste Macs zum Beispiel, die mit eigenen Chips ausgestattet sind, erwiesen sich als echter Erfolg. Die Geschicke des Unternehmens werden sich damit aber nicht grundlegend verändern.


   Dynamik dürfte wieder nachlassen 

In der Zwischenzeit steht Apple vor der kurzfristigen Herausforderung eines Geschäfts, bei dem die Produktzyklen immer länger werden. Das Geschäftsjahr, das im September letzten Jahres endete, war das bislang erfolgreichste des Unternehmens: Der Umsatz stieg um 33 Prozent auf einen Rekordwert von 365,8 Milliarden US-Dollar. Das Betriebsergebnis wuchs um 64 Prozent auf 108,9 Milliarden Dollar. Das sind beeindruckende Zahlen für ein so großes Unternehmen. Dennoch war dies das erste zweistellige Wachstum seit drei Jahren. Und obwohl die Produkte und Dienstleistungen von Apple durchweg starke Umsätze verzeichneten, macht das iPhone immer noch mehr als die Hälfte des Umsatzes aus. Darüber hinaus wurden die Verkäufe des neuesten Smartphones durch großzügige Preissubventionen von Mobilfunkanbietern, die darauf bedacht sind, mehr 5G-Geräte unters Volk zu bringen, enorm gefördert.

Es ist nicht zu erwarten, dass sich diese Dynamik fortsetzt. Analysten rechnen damit, dass der iPhone-Absatz im laufenden Geschäftsjahr nur um 1 Prozent steigen wird, verglichen mit 24 Prozent im letzten Jahr, so die Konsensschätzungen von Visible Alpha. Die von Factset befragten Analysten gehen davon aus, dass der Umsatz von Apple in den nächsten drei Jahren nur um durchschnittlich 5 Prozent pro Jahr steigen wird. Das ist das niedrigste prognostizierte Tempo unter den fünf US-Technologieriesen. Amazon erzielt heute bereits 25 Prozent mehr Umsatz als Apple, obwohl es etwa 1,3 Billionen US-Dollar weniger wert ist. Darüber hinaus wird für Amazon in den nächsten drei Jahren ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 16 Prozent prognostiziert.

Was also bleibt, ist die Erkenntnis, dass 3 Billionen US-Dollar auch nicht mehr das sind, was sie einmal waren.

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January 04, 2022 02:43 ET (07:43 GMT)