Die Corona-Krise hinterlässt auch in der Chemiebranche tiefe Spuren.

Für dieses Jahr rechnet der Branchenverband VCI mit einem deutlichen Umsatzrückgang, frühestens Ende 2021 dürfte Deutschlands drittgrößter Industriezweig nach der Autobranche und dem Maschinenbau das Vorkrisenniveau wieder erreichen. "Der Weg zurück auf das Niveau von 2019 wird ein anstrengender und entbehrungsreicher Weg", sagte VCI-Präsident Christian Kullmann am Dienstag. Ein Fünftel der Mitgliedsunternehmen des Verbandes gehe sogar davon aus, die Krise erst 2022 überwunden zu haben.

Gleichwohl sieht Kullmann erste Anzeichen einer Erholung:

"Wenn ein erneuter Shutdown verhindert werden kann, dürfte sich die Nachfrage nach Chemikalien und Pharmazeutika im zweiten Halbjahr stabilisieren." Noch beeinträchtige der Auftragsmangel aber bei jedem vierten Unternehmen weiterhin stark die Geschäftstätigkeit. Kullmann, der Vorstandschef beim Chemiekonzern Evonik ist, sprach von einem historischen Nachfrageeinbruch. Frei werdende Stellen würden gegenwärtig häufig nicht besetzt, zehn Prozent der Mitarbeiter oder rund 50.000 Beschäftigte der chemischen Industrie in Deutschland befänden sich noch in Kurzarbeit. Im zweiten Quartal dürfte die Branche wohl die Talsohle durchschritten haben. Dennoch bleibe die Situation schwierig und die Nachfrage erhole sich nur langsam.

Für 2020 rechnet der VCI nun mit einem Produktionsminus von drei Prozent - das wäre das dritte Jahr in Folge mit rückläufiger Produktion - und einem Umsatzrückgang um sechs Prozent. Die Chemikalienpreise dürften um zwei Prozent fallen. Noch im Mai hatte sich der Verband keine Prognose für dieses Jahr mehr zugetraut. Ursprünglich hatte der VCI mit einem Rückgang der Chemieproduktion von 1,5 Prozent gerechnet. Inklusive Pharma wurde bestenfalls eine Stagnation erwartet. Der VCI war zudem von einem unveränderten Branchenumsatz bei Preisen auf Vorjahresniveau ausgegangen.

Im zweiten Quartal fiel der Umsatz um 11,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Produktion sank um 5,8 Prozent, die Erzeugerpreise um 3,2 Prozent. Betroffen waren vor allem Zulieferer für die Auto-, Metall- und Elektroindustrie. Die Hersteller von Desinfektionsmitteln, Medikamenten, Seifen und Reinigungsmitteln profitierten dagegen vorübergehend von einer erhöhten Nachfrage im Zuge der Pandemie.