München (Reuters) - Die Krise bei der BayWa hat sich noch einmal verschärft und die Aktie des Münchner Agrarkonzerns auf Talfahrt geschickt.

Das im Kleinwerteindex SDax notierte Papier brach am Montag um ein Drittel auf 14,90 Euro ein, den tiefsten Stand seit mehr als 15 Jahren. Vor zwei Jahren war der Aktienkurs noch dreimal so hoch. Wie am Montag bekannt wurde, hat das hochverschuldete Unternehmen - offenbar auf Druck der Gläubigerbanken - ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben, das zeigen soll, ob die BayWa sanierungsfähig ist. Das Unternehmen spricht von einer "angespannten Finanzierungslage". Ziel des Gutachtens ist eine positive Fortführungsprognose, die die Voraussetzung für eine Verlängerung von Krediten ist. Zudem hat der Agrarhändler einen Restrukturierungsberater an Bord geholt, der einem Insider zufolge unterhalb des Vorstands angesiedelt ist.

"Damit ist klar, dass die Situation bei der BayWa deutlich kritischer ist als bisher angenommen", schrieb die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am Montag. "Die hohe Verschuldung ist ein sehr ernstes Problem."

BayWa-Vorstandschef Markus Pöllinger versucht derzeit, den schuldenfinanzierten Expansionskurs zu korrigieren, den sein Vorgänger Klaus Maria Lutz gefahren hatte. Der Konzern saß Ende 2023 auf 5,5 Milliarden Euro Schulden. Bei steigenden Zinsen wird das zunehmend zur Belastung. Die höheren Zinslasten rissen die BayWa bereits im vergangenen Jahr zum ersten Mal in die roten Zahlen, weil zugleich der Solarhandel nicht läuft.

Pöllinger hatte schon einen Konsolidierungskurs angekündigt und die Dividende für 2023 gestrichen. Nun hat sich die Lage offenbar verschärft. "Der Vorstand geht aufgrund konstruktiver Gespräche mit Finanzierungspartnern und der eingeleiteten Maßnahmen davon aus, dass die Finanzsituation nachhaltig gestärkt werden kann", versuchte der Vorstand die Anleger am Freitagabend zu beruhigen.

Als größte Gläubiger der BayWa gelten die - ebenfalls zum genossenschaftlichen Sektor gehörende - DZ Bank, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und die UniCredit, die einen zwei Milliarden Euro schweren Konsortialkredit geschnürt hatten, der im September 2025 fällig ist. Ob er mit Kreditbedingungen (Covenants) versehen ist, die die Banken bei Nichterfüllung zur vorzeitigen Kündigung berechtigt, ist nicht bekannt. Im April hatte die BayWa die Begebung einer 250 Millionen Euro schweren Anleihe mangels Nachfrage abgeblasen, obwohl sie 6,75 Prozent Zinsen geboten hatte. Anleger zögerten damals auch, weil der Konzern nicht über ein Kreditrating verfügt. Ende Juni zahlte die BayWa einen "Green Bond" über 500 Millionen Euro wie geplant zurück.

WANN WIRD DER SOLARHANDEL VERKAUFT?

Der geplante Verkauf des Handelsgeschäfts mit Solar-Paneelen und Wechselrichtern könnte frisches Geld in die Kasse spülen und die ärgsten finanziellen Sorgen lindern. Doch daraus wurde bisher nichts, weil die Branche wegen massiver Überkapazitäten bei Solarmodulen und einer Dumping-Strategie der chinesischen Konkurrenz unter Druck steht. Am den ursprünglich erhofften Verkaufserlös von 2,2 bis 2,4 Milliarden Euro muss die BayWa nach eigener Einschätzung deutliche Abstriche machen, wenn sie das Geschäft verkaufen will. Der Solarhandel gehört zu der von Lutz aufgebauten Erneuerbare-Energien-Tochter BayWa r.e., bei der 2021 die ehemalige Credit-Suisse-Tochter EIP für gut eine halbe Milliarde Euro mit 49 Prozent eingestiegen war. Deren Wind- und Solarprojekte sind zwar lukrativ, binden aber auch viel Kapital.

Die Vizepräsidentin der DSW, die Münchner Anwältin Daniela Bergdolt, bangt vor allem um die Anleger aus der Landwirtschaft. "Die BayWa ist ein besonderes Unternehmen: "Viele Landwirte sind dort gleichzeitig Kunden und Aktionäre. Nicht selten ist die BayWa-Aktie wichtiger Teil der Altersvorsorge." Größter Aktionär ist die Bayerische Raiffeisen-Beteiligungs-AG mit 33,8 Prozent, hinter der die Volks- und Raiffeisenbanken des Landes stehen. Aufsichtsratschef ist Gregor Scheller, der scheidende Vorsitzende des Genossenschaftsverbandes Bayern. Die österreichische Raiffeisen-Agrar Invest hält 28,1 Prozent der Anteile.

(Bericht von Alexander Hübner. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)