Inhaltlich habe es zwar keinerlei Annäherung gegeben, doch sei beschlossen worden, in einer Expertengruppe das große Streitthema Arbeitszeit anzupacken, erklärten die Verhandlungsführer von IG Metall und Arbeitgebern in Baden-Württemberg am Donnerstag. Zum nächsten Verhandlungstermin am 24. Januar solle dann der ernsthafte Versuch unternommen werden, die Tarifrunde zu lösen, erklärte IG-Metall-Bezirkschef Roman Zitzelsberger in Böblingen nach knapp dreistündigen Gesprächen. "Wir waren ja meilenweit auseinander. Wir haben uns heute ein kleines bisschen aufeinander zu bewegt", sagte Südwestmetall-Chef Stefan Wolf. Dennoch waren die Arbeitgeber "enttäuscht", dass sich die Gewerkschaft bei den Themen Entgelt und Zuschlägen für Teilzeitbeschäftigte keinen Millimeter bewegt habe.

Die Gewerkschaft will neben einer kräftigen Lohnsteigerung für die bundesweit 3,9 Millionen Beschäftigten der Branche um sechs Prozent ein Recht auf individuelle Arbeitszeitverkürzung auf bis zu 28 Wochenstunden durchsetzen. Wer wegen der Pflege von Angehörigen oder der Kinderbetreuung kürzer tritt, soll einen monatlichen Ausgleich erhalten. Die Arbeitgeber bieten bisher zwei Prozent mehr Lohn sowie einen Einmalbetrag. Den Lohnausgleich lehnen sie nach wie vor strikt ab.

Aufeinander zu gingen die Tarifparteien aber bei den Wünschen nach flexiblen Arbeitszeiten nach unten, aus Sicht der Beschäftigten, und nach oben, aus Sicht der Unternehmen. Denn die Firmen befürchten, dass der herrschende Fachkräftemangel sich verschärfen könnte. Sie wollen deshalb mehr Beschäftigte als bisher 40 statt 35 Wochenstunden arbeiten lassen können. In der Expertengruppe sollen Fachleute aus den Unternehmen jetzt unter Hochdruck in den kommenden Wochen an einer Lösung arbeiten.

Baden-Württemberg wird am 24. Januar dann abermals in Böblingen die vierte Verhandlungsrunde eröffnen. Ob dann ein Durchbruch gelinge und das Land wie schon oft in der Vergangenheit den Pilotabschluss schafft, sei noch nicht absehbar, sagte Wolf. Sollte es nicht klappen, würde die IG Metall ihr neues scharfes Warnstreikinstrument einsetzen, 24 Stunden lange Arbeitsniederlegungen. "Wenn wir am 24. nicht signifikant weiter sind als heute, ist die Wahrscheinlichkeit dafür sehr hoch." Die Arbeitgeber rüsteten unterdessen etwas ab. Sie hatten ein Rechtsgutachten bestellt, nach dem ein Entgeltzuschuss rechtswidrig und Warnstreikt für diese Forderung ebenfalls rechtswidrig wären. Doch erklärte Südwestmetall, deshalb nicht vor das Arbeitsgericht ziehen zu wollen. "Wir waren uns einig, dass es keinen Sinn macht - weder für die Unternehmen, noch für die Beschäftigten - sich in ellenlange Rechtsdiskussionen zu begeben", sagte Wolf. Der Tarifstreit müsse am Verhandlungstisch gelöst werden.

WARNSTREIKS WERDEN AM FREITAG FORTGESETZT

Um den Druck für ihre Forderungen zu erhöhen, nahmen am Donnerstag bundesweit nach Angaben der IG Metall rund 76.000 Metaller aus knapp 400 Betrieben an Warnstreiks und anderen Aktionen teil. Schwerpunkt war der Südwesten, wo nach Angaben der Gewerkschaft mehr als 22.000 Beschäftigte befristet die Arbeit niederlegten. Darunter waren mehrere Großveranstaltungen, etwa bei Mercedes-Benz und Evobus in Mannheim und bei MTU in Friedrichshafen.

Die Warnstreikwelle soll auch in den kommenden beiden Wochen rollen. "Die Warnstreiks gehen weiter, es gibt keine Veranlassung, den Fuß vom Gas zu nehmen", kündigte Gewerkschaftschef Zitzelsberger an. Am Freitag sind im Südwesten die Autozulieferer ThyssenKrupp, Continental und das Unternehmen von Verhandlungsführer Wolf ElringKlinger an der Reihe. In Bayern sind kurzzeitige Ausstände bei mehr als 60 Betrieben geplant. "Der Warnstreik-Motor läuft jetzt bei den Automobilisten warm", erklärte der bayerische IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler. In Bayern treffen sich die Tarifparteien am Montag zur dritten Verhandlungsrunde, im mitgliederstärksten Bezirk Nordrhein-Westfalen geht es am 18. Januar weiter.