WOLFSBURG (dpa-AFX) - Für Volkswagen rücken die Tage der Wahrheit immer näher. Ende Januar sollen die ersten Dieselwagen mit manipulierter Software hierzulande zur Werkstatt rollen, auf dass die Mechaniker per Programm-Update den Auslöser für den größten Skandal in der VW -Firmengeschichte ausmerzen. Es ist eine logistische Mammutaufgabe.

Auf das Netz der VW-Vertragswerkstätten rollt mit dem Massenrückruf in der Diesel-Affäre eine gigantische Arbeitswelle zu. Laut VW gibt es bundesweit 2173 Volkswagen-Partner, deren Werkstätten für den Rückruf autorisiert sind. Damit ergeben sich mit den 2,4 Millionen zurückgerufenen Dieseln rechnerisch 1100 Fahrzeuge pro Werkstatt.

RÜCKRUF BELASTET TAGESGESCHÄFT IN WERKSTÄTTEN

Branchen-Insider gehen von durchschnittlich mindestens 90 Minuten Arbeitszeit pro betroffenem Wagen aus, worin neben der eigentlichen Nachbesserung auch die Zeit für Formulare und Dokumentation steckt. VW nennt 30 Minuten reine Arbeitszeit. Für die Kunden dürfte eine Stunde realistisch sein - rein zum Autohaus, dort den Papierkram machen, auf die Einfahrt in die Werkstatt warten, dann die halbe Stunde dort, dann wieder raus. Vielleicht gibt es auch Wartezeiten.

Mit der 90-Minuten-Rechnung ergeben sich gut 200 Arbeitstage für eine Kfz-Arbeitskraft - wenn diese sich ausschließlich mit dem Rückruf beschäftigt. Je nach Personalschlüssel und Werkstattkapazitäten bräuchte also jeder VW-Servicepartner etliche Wochen für die Aktion. Und das neben dem Tagesgeschäft wie HU-Abnahme oder Reifenwechseln.

NACHBESSERUNG IN PARTNER-WERKSTÄTTEN

Neben den knapp 2200 VW-Partnern gibt es zwar noch eine kleinere, nicht näher bekannte Zahl von autorisierten Servicebetrieben. Diese decken nur die ebenfalls vom Rückruf betroffenen VW-Schwestermarken Audi , Seat, Skoda und VW-Nutzfahrzeuge ab, nicht aber gleichzeitig auch die Kernmarke VW-Pkw. Diese Zahl dürfte zu vernachlässigen sein. Die freien Kfz-Werkstätten sind außen vor. "Um die vorgeschriebenen Dokumentationspflichten zu erfüllen, soll die Umsetzung der vom Hersteller vorgegebenen Nachbesserungsarbeiten beim jeweiligen Vertragspartner erfolgen", erklärt ein VW-Sprecher die Vorgabe.

In den nächsten Tagen, in Kalenderwoche vier, sollen zunächst alle Halter eines VW-Pick-Up-Trucks Amarok mit dem 2,0-Liter-Dieselmotor in Abgasnorm Euro-5 Post erhalten. Sie könnten dann voraussichtlich ab Ende Januar in die Werkstätten. Feste Zeitfenster für die Fahrt zum VW-Service gebe es nicht. Die Halter hätten die Wahl bei der Absprache für einen Termin mit der Werkstatt. Das ist auch so üblich bei Rückrufen, die nicht sicherheitsrelevant sind. Die manipulierten Wagen sind noch immer fahrbereit und bergen kein technisches Risiko.

ELF MILLIONEN DIESELFAHRZEUGE WELTWEIT BETROFFEN

VW hat im Dieselmotor EA189 in Euro-5-Norm eine illegale Software eingebaut, die die Stickoxidwerte bei Tests auf dem Prüfstand drückt. Weltwelt sind rund elf Millionen Diesel aus dem Konzern betroffen, auch bei Audi, Seat, Skoda und den leichten VW-Nutzfahrzeugen. In Deutschland geht es um 2,4 Millionen Wagen. Sie sollen in mehreren Wellen über das gesamte laufende Jahr zurückgerufen werden. Dafür erteilt das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nach und nach Freigaben.

Nach den Amaroks folgen die ersten Varianten der Passat-Diesel mit 2,0 Liter Hubraum und Euro-5 - aber erst in einigem Abstand. Die ersten Passat-Halter sollen demnach frühestens im Februar Post bekommen. Wann die übrigen Passats drankommen, ist noch unklar. Auch zum Verkaufsschlager Golf, dem meistverkauften Pkw hierzulande, sind noch keine Details klar. VW will aber möglichst zeitnah informieren.

Die vielen Wellen bei Anschreiben und Rückrufen hängen an den vielen Varianten, die sich mit den verschiedenen Motorgrößen, Modellreihen, Baujahren und Getriebearten ergeben. Frühestens ab April sind die betroffenen Motorversionen mit 1,2 Liter Hubraum an der Reihe. Im Herbst folgen die 1,6-Liter-Maschinen. Bei ihnen ist auch der Einbau eines Röhrchens mit Gitternetz nötig, es reicht nicht nur das Update der Software. Dennoch soll auch hier die reine Arbeitszeit noch unter einer Stunde liegen. "Wir bieten allen betroffenen Kunden eine angemessene und kostenfreie Ersatzmobilität an", verspricht VW./loh/DP/men