Von Ulrike Dauer

FRANKFURT (Dow Jones)--Das Adidas-Management wird auf der Hauptversammlung am Donnerstag von mehreren Aktionären im Zusammenhang mit den Folgen der nun beendeten Geschäftsbeziehung mit Skandal-Rapper/Designer Kanye West gegrillt werden. Top-Adidas-Aktionäre, darunter die beiden Fondsmanager Deka Investment und Union Investment, sowie die Aktionärsvereinigung DSW, wollen Adidas-Vorstand und -Aufsichtsrat für das abgelaufene Geschäftsjahr die Entlastung verweigern. Sie werfen den Gremien vor, sie hätten die Yeezy-Design-Partnerschaft mit Kanye West (Ye) nach dessen skandalösem Verhalten zu spät beendet, wodurch dem Unternehmen enormer Schaden entstanden sei.

Die Frage ist nun, ob dies lediglich ein Denkzettel für Adidas sein wird und die entsprechenden Tagesordnungspunkte trotzdem durchgewunken werden - wenn auch mit weniger Zustimmung als sonst. Oder ob weitere Aktionäre, die von den großen US-Proxy Advisern wie ISS und Glass Lewis beraten werden, sich dem anschließen. ISS teilte mit, die Gesellschaft empfehle Aktionären die Entlastung beider Gremien. Glass Lewis rät den Aktionären, dem Aufsichtsrat generell die Entlastung zu versagen, begründet dies aber mit Mängeln bei Diversität und Inklusion im Unternehmen.


   Union Investment fordert auf HV Klarheit zur Bekanntheit von Mitarbeitervorwürfen 

Union Investment will die beiden Gremien nicht entlasten. Aber nicht nur das: Darüber hinaus will Janne Werning, bei Union Investment Leiter ESG Capital Markets & Stewardship, laut Redemanuskript von Adidas auf der Hauptversammlung Klarheit einfordern sowie ein "konkretes Datum", wann Adidas' Vorstand und Aufsichtsrat erstmals über die "internen Vorwürfe" von Adidas-Beschäftigten im Zusammenhang mit Fehlverhalten von Kanye West ihnen gegenüber informiert wurden.

Im Raum stehe, dass Medien wie der Rolling Stone - sowie das Wall Street Journal und andere - im Herbst berichtet hatten, Adidas habe bereits seit mehreren Jahren von Wests Fehlverhalten den Adidas-Beschäftigten gegenüber gewusst, "jedoch nichts dagegen unternommen und keine Konsequenzen gezogen", so Werning. Laut Wall Street Journal diskutierten Adidas-Manager bereits 2018 das Kanye-West-Risiko. "Als Aktionäre haben wir ein Recht, das hier und heute zu erfahren, schließlich sind wir die Eigentümer des Unternehmens und haben damit den finanziellen Schaden des Yeezy-Debakels!", so Werning.

Union Investment hält nach eigenen Angaben 1,2 Millionen oder 0,7 Prozent der ausstehenden Adidas-Aktien. Der Fondsmanager ist somit, wie Deka Investment, einer der Top-15-Adidas-Aktionäre.

Deka Investment will ebenfalls die beiden Gremien nicht entlasten, was Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment, in einer Kurzstellungnahme damit begründet, dass Adidas "in großem Umfang Aktionärskapital vernichtet" habe während der "desaströsen Amtszeit" von CEO Kasper Rorsted. Rorsted war seit 1. Oktober 2016 CEO, bis er Anfang November 2022 nach mehreren Gewinnwarnungen und Prognosesenkungen das Ende der Kanye-West-Kooperation verkündete und vorzeitig gehen musste. Sein Vertrag war erst im August 2020 vorzeitig um fünf Jahre bis dann Ende Juli 2026 verlängert worden.

In den USA ist im Zusammenhang mit der Beendigung der Geschäftsbeziehung mit Kanye West, die aufgrund der hohen Restbestände der beliebten und hochpreisigen Yeezy-Design-Sneakers weitere Verluste verursacht, mindestens eine Sammelklage von Aktionären eingereicht worden. Sie werfen Adidas vor, Investoren zu spät über Wests antisemitische Äußerungen und sein "extremes Verhalten" informiert zu haben. Zudem habe Adidas es versäumt "sinnvolle Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um das finanzielle Risiko zu begrenzen, falls die Partnerschaft aufgrund von Wests Verhalten beendet werden sollte".

"Die Investoren stehen vor einem Trümmerhaufen", der sich nicht so schnell aufräumen lasse, kritisiert Speich laut Kurzstellungnahme. Hierbei trage der Aufsichtsrat "eine große Mitverantwortung", er habe viel zu spät gehandelt. "Der Niedergang" habe sich bereits während der Pandemie abgezeichnet, ein "strategischer Fehlgriff nach dem anderen" sei gefolgt. "Reputationsschäden durch Streitigkeiten mit Ladenmietern in der Pandemie, kontinuierlich schwache Zahlen aus China und die Posse um Kanye West haben das Fass zum Überlaufen gebracht."

Deka Investment hält nach eigenen Angaben 1,4 Millionen bzw rund 0,8 Prozent der ausstehenden Adidas-Aktien und ist damit auch unter den Top-15-Aktionären.


   Kritik auch an Plänen für rein virtuelle Hauptversammlungen 

Auch Daniela Bergdolt, Vizepräsidentin der Aktionärsvereinigung DSW, wirft Adidas-Vorstand und -Aufsichtsrat vor, "viel zu spät" auf Kanye Wests Fehlverhalten reagiert zu haben.

Darüber hinaus will die DSW - wie auch Deka und Union - gegen Adidas' Pläne stimmen, die Satzung in Richtung einer virtuellen Hauptversammlung ändern zu lassen. Adidas will dem Vorstand durch Satzungsänderung ermöglichen, "im Einzelfall zu entscheiden, ob die Hauptversammlung in Präsenz oder virtuell abgehalten werden soll". Die Aktionärsvertreter präferieren Präsenz-Aktionärstreffen bzw ein hybrides Format, das parallel Online- und Präsenz-HV ermöglicht.

Kontakt zur Autorin: ulrike.dauer@wsj.com; @UlrikeDauer_

DJG/uxd/smh

(END) Dow Jones Newswires

May 09, 2023 06:24 ET (10:24 GMT)