-- US-Notenbanker zunehmend besorgt wegen hoher Inflation

-- Erste Zinserhöhung könnte schneller kommen als erwartet

-- Zinserhöhung könnte schneller Beginn der Bilanzverkürzung folgen

-- "Inflationsängste dominieren"

(Durchgehend neu)

Von Greg Robb

WASHINGTON (Dow Jones)--Die US-Notenbanker haben bei ihrer Ratssitzung am 14./15. Dezember ihr wachsendes Unbehagen über die hohe Inflation zum Ausdruck gebracht. Diese könne die Fed zu einer aggressiveren Reaktion zwingen, insbesondere wenn Unternehmen und Verbraucher einen weiteren raschen Preisanstieg erwarteten.

"Die Teilnehmer stellten allgemein fest, dass es angesichts ihrer individuellen Aussichten für die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und die Inflation gerechtfertigt sein könnte, den Leitzins früher oder schneller zu erhöhen, als sie zuvor erwartet hatten", heißt es in dem am Mittwochabend veröffentlichten Protokoll.

Auf der Sitzung diskutierten die Fed-Vertreter ausführlich darüber, wie sie von ihrer derzeitigen lockeren Geldpolitik abrücken könnten, indem sie die Zinsen anheben und gleichzeitig die Bilanzsumme von 8,67 Billionen Dollar verringern. Eine Minderheit der Notenbanker wollte demnach mit der Reduzierung der Bilanz beginnen, was eine andere Form der Straffung der Geldpolitik darstellt.

"Einige Teilnehmer ... merkten an, dass es angebracht sein könnte, relativ bald nach Beginn der Anhebung des Leitzinses mit der Reduzierung der Bilanz der Federal Reserve zu beginnen", heißt es in dem Protokoll.


 Ansatz von 2015 diesmal wohl nicht angemessen 

Nach der Lektüre des Protokolls sagte Katherine Judge, Ökonomin bei CIBC Securities, dass sie davon ausgehe, dass die Fed im zweiten Quartal mit der Reduzierung der Bilanz beginnen werde. Das wäre viel schneller als im letzten Zyklus. 2015 wartete die Fed zwei Jahre nach der ersten Zinserhöhung, bevor sie begann, die Bilanz zu verkürzen.

Die Fed-Beamten sagten, dass der vorsichtige Ansatz von 2015 in diesem Jahr nicht angemessen sei. "Die Teilnehmer merkten an, dass die aktuellen wirtschaftlichen Aussichten viel besser seien, mit höherer Inflation und einem engeren Arbeitsmarkt als zu Beginn der letzten Normalisierungsepisode", geht aus dem Protokoll dazu hervor.

Mehrere Notenbanker äußerten sich besorgt über die Anfälligkeit des Staatsanleihenmarktes und darüber, welche Auswirkungen dies auf die Schrumpfung der Bilanz haben könnte. Andere Sitzungsteilnehmer wiesen laut den "Minutes" jedoch darauf hin, dass die Fed über eine neue ständige Repo-Fazilität verfüge, um die Geldmärkte zu stützen.

Aus dem Protokoll geht des weiteren hervor, dass "fast alle" Fed-Vertreter ihre Inflationsprognose für dieses Jahr nach oben korrigierten und "viele" ihre Prognose für 2023 anhoben. Die Notenbanker sagen zwar voraus, dass die Inflation in diesem Jahr deutlich zurückgehen dürfte, sie sehen jedoch die Risiken eher auf der Oberseite. "Inflationsängste dominierten die Diskussion", kommentierte Ian Shepherdson, Chefökonom bei Pantheon.


 Entwicklung am Arbeitsmarkt macht Weg für höhere Zinsen frei 

Angetan zeigten sich die Fed-Vertreter auch vom Arbeitsmarkt. Mehrere Beamte vertraten die Ansicht, dass der Arbeitsmarkt das Ziel der Zentralbank, die "maximale Beschäftigung" zu erreichen, bereits erreicht habe, was den Weg für Zinserhöhungen frei mache.

Seit Beginn der Coronavirus-Pandemie Anfang 2020 verfolgt die US-Notenbank eine bemerkenswert lockere Politik. Viele Ökonomen hatten die Zentralbank daher im vergangenen Jahr bereits gedrängt, zu einer neutraleren Haltung überzugehen, die Fed blieb aber auf dem Gaspedal, hielt die Zinsen nahe bei Null und kaufte weiter Staatsanleihen und hypothekarisch gesicherte Wertpapiere.

Die Fed hatte im Dezember wegen der gestiegenen Inflationsrisiken einen beschleunigten Ausstieg aus ihrer Krisenpolitik beschlossen. Sie will ihre Nettoanleihekäufe nun bereits im März und nicht erst im Juni beenden. Außerdem stellte sie drei Zinserhöhungen für 2022 in Aussicht, während im September noch von einer einzigen Erhöhung die Rede gewesen war. Die jüngsten starken Verbraucherpreisanstiege hatte sie nicht mehr als "vorübergehend" bezeichnet.

Der Markt hält es für sehr wahrscheinlich, dass die erste Zinserhöhung auf der Fed-Sitzung im März erfolgen könnte. Wirtschaftswissenschaftler weisen darauf hin, dass ein Leitzins von 2,5 Prozent allgemein als "neutraler" Leitzins angesehen wird, der die Wirtschaft weder anregt noch bremst.

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January 05, 2022 16:57 ET (21:57 GMT)