--GDV: Beitragseinnahmen der Versicherer 2022 bei 224 Milliarden Euro

--Für 2023 werden 3 Prozent Beitragsplus erwartet

--Versicherer präsentieren Konzept für neue Bürgerrente

(NEU: weitere Details und Aussagen von Pressekonferenz)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Die Beitragseinnahmen der deutschen Versicherer sind 2022 über alle Sparten hinweg um 0,7 Prozent auf 224 Milliarden Euro zurückgegangen. Das gab der Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Norbert Rollinger, bei der Jahresmedienkonferenz des Verbandes bekannt. Für 2023 erwarte die Versicherungswirtschaft aber 3 Prozent Beitragsplus. Die Entwicklung in den verschiedenen Geschäftsbereichen dürfte unterschiedlich ausfallen, erwartete der Verbandspräsident.

Während 2022 die Lebensversicherung nach seinen Angaben ein Beitragsminus von 6 Prozent auf 97,1 Milliarden Euro verbuchte, legten die Einnahmen in der Schaden- und Unfallversicherung um 4 Prozent auf 80,4 Milliarden Euro und in der privaten Krankenversicherung um 3,1 Prozent auf 46,8 Milliarden Euro zu. "Wir haben uns 2022 unter schwierigen Rahmenbedingungen sehr ordentlich geschlagen", sagte Rollinger. "Das ist angesichts der aktuellen Krisen ein ordentliches Ergebnis."

Die Geschäftsentwicklung bei Lebensversicherern, Pensionskassen und Pensionsfonds sei von einem großen Unterschied zwischen Verträgen mit Einmalbeitrag (minus 18 Prozent) und laufendem Beitrag (plus 0,6 Prozent) geprägt worden. Für die Geschäftsentwicklung in der Lebensversicherung waren laut GDV vor allem zwei Gründe maßgeblich: Zum einen ergäben sich mit der Normalisierung des Zinsniveaus wieder mehr Anlagealternativen für Kundinnen und Kunden. "Zum anderen führen die durch die Inflation gestiegenen Lebenshaltungskosten dazu, dass viele Menschen weniger Geld in ihre Altersvorsorge investieren", so Rollinger.


   Kräftiges Neugeschäft für betriebliche Altersvorsorge 

Besser als die private Altersvorsorge entwickelte sich 2022 laut den Angaben die betriebliche Altersvorsorge, insbesondere die Direktversicherungen. Ihr Neugeschäft stieg um 13 Prozent auf gut 650.000 Verträge. Unter dem Strich kletterten die Beiträge in der betrieblichen Altersvorsorge um 3,7 Prozent auf 20,3 Milliarden Euro. Anders habe es vor dem Hintergrund ungünstiger Rahmenbedingungen, wie der gesetzlichen 100-Prozent-Garantie und dem erneut reduzierten Höchstrechnungszins von 0,25 Prozent, bei der Riester-Rente ausgesehen. Der damit einhergehende Anbieterrückgang sorgte im Neugeschäft laut GDV für ein Minus von 60 Prozent.

Die Schaden- und Unfallversicherung schrieb nach den Angaben 2022 schwarze Zahlen. Die Einnahmen stiegen demnach um 4 Prozent, während die Ausgaben um 5,6 Prozent sanken. Unter dem Strich stand damit Rollinger zufolge ein versicherungstechnischer Gewinn von 5 Prozent. Als Grund für die im Vergleich zum Rekordschadenjahr 2021 nur moderat gesunkenen Ausgaben nannte er die hohe Inflation von fast 8 Prozent, die sich in nahezu allen Sparten der Schaden- und Unfallversicherer niedergeschlagen habe.


   Stabile Beiträge in der Lebensversicherung 

Für 2023 rechne der GDV in der Lebensversicherung damit, dass die Beiträge in einem unsicheren Umfeld stabil blieben. Die Zinsentwicklung dürfte hier das Geschäft befördern, während die gesamtwirtschaftliche Entwicklung es bremse. Auch in der Schaden- und Unfallversicherung gehe der Verband für 2023 von zwei gegenläufigen Effekten aus. Die Inflation dürfte sich weiter bei Versicherungssummen und Beiträgen niederschlagen, auf der anderen Seite dürften der starke Wettbewerb und die schwierige finanzielle Situation vieler Haushalte die Beitragsentwicklung dämpfen.

Insgesamt rechneten die Kompositversicherer mit Beitragszuwächsen von 6 Prozent. Die privaten Krankenversicherer erwarteten für das laufende Geschäftsjahr einen Beitragsanstieg von 3,5 Prozent. "Wenn man die schwierigen Rahmenbedingungen bedenkt - der Krieg in der Ukraine mit all seinen dramatischen Folgen für die Weltkonjunktur, vor allem der anhaltenden Inflation - dann ist das eine realistische Prognose für 2023", sagte Rollinger.


   Versicherer präsentieren Konzept für neue Bürgerrente 

22 Jahre nach Einführung der Riester-Rente stellten die Versicherer zudem Vorschläge für eine Reform der privaten geförderten Altersvorsorge vor. Die Bürgerrente sei als standardisiertes Altersvorsorgeprodukt für breite Bevölkerungsgruppen mit unbürokratischer Förderung und nachgelagerter Besteuerung angelegt. "Im Vergleich zur Riester-Rente ist die Bürgerrente einfacher, verständlicher, nachhaltiger und renditestärker", sagte Rollinger. Das GDV-Konzept sieht nach seinen Angaben im Kern vor, dass auf jeden in die Bürgerrente eingezahlten Euro zusätzlich eine Förderung von 50 Cent kommt. Die förderfähigen Beiträge sollen auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung begrenzt werden.

Um den Beratungsaufwand gering zu halten, solle das Altersvorsorgeprodukt in hohem Maße standardisiert sein und auch digital vertrieben werden können. Eine verglichen mit der Riester-Rente höhere Rendite soll den Vorschlägen der Versicherer zufolge erreicht werden, indem das Garantieniveau abgesenkt wird. Rollinger nannte ein Niveau von 80 Prozent. So könnten die Beiträge gewinnbringender am Kapitalmarkt angelegt werden, maßgeblich nach nachhaltigen Kriterien. Um die Bürgerrente auf ein breites Fundament zu stellen, sollten auch Selbstständige, Beamte und Arbeitslose einbezogen werden. "Nach über zwei Jahrzehnten ohne grundlegende Änderungen braucht die private Altersvorsorge einen Neuanfang", sagte der GDV-Präsident.

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January 26, 2023 04:43 ET (09:43 GMT)