Börsen-Zeitung: Lehrreiches Déjà-vu, Kommentar zu den chinesischen

Finanzmärkten von Norbert Hellmann

Frankfurt (ots) - Die globalen Finanzmärkte machen gerade ein

Déjà-vu zu China-Sorgen durch, und zwar im Zeitraffer: Im vergangenen

Jahr erwies sich erst der chinesische Aktienmarktcrash vom Juni als

globaler Schocker; zwei Monate später im August ließ eine Reform des

Wechselkursmechanismus, aus der eine kräftige Abwertung des Yuan

resultierte, die Devisenmärkte erzittern.

Zum Jahresauftakt 2016 erlebt man mit nur zwei Tagen Abstand einen

scharfen Börseneinbruch gefolgt von einer recht deutlichen

Abschwächung des Yuan gegenüber dem Dollar. Erneut macht sich an

westlichen Märkten dezidierte Panikstimmung breit. Dabei zeigen die

Lehren aus dem Vorjahr, dass dafür kein Anlass besteht.

Chinas umtriebiger Aktienmarkt ist so wenig mit der heimischen

Konjunkturperformance korreliert und der Boom and Bust an Chinas

Börsen färbt so wenig auf die Konjunktur ab, dass auf westlichen

Märkten für Angstschübe sorgende Querverbindungen zwischen Börsen-

und Konjunkturverfassung im Reich der Mitte im neuen Jahr genauso

wenig Sinn ergeben wie im alten. Abgesehen davon befindet man sich in

einem seltsamen Zwiespalt, weil einerseits von internationalen

Fondsmanagern Forderungen laut werden, dass der Staat

marktverzerrende Eingriffe und Stützungskampagnen für Chinas Börsen

unterlassen sollte, andererseits aber panische Angst vor einem freien

Fall an Chinas Aktienmarkt und seinen etwaigen globalen

Ansteckungswirkungen herrscht.

Auch Chinas Währungspolitik sorgt für kognitive Dissonanzen. Im

August hat man sich schwergetan, eine etwas unnötig ruckartige

Anpassung des Wechselkurssystems hin zu einer stärker

marktgetriebenen Bildung des Yuan-Dollar-Kurses nicht als

wettbewerbsmotivierte Abwertung verzweifelter Wirtschaftsplaner,

sondern als Vorbereitung für die Aufnahme in den Devisenkorb des

Internationalen Währungsfonds (IWF) zu verstehen. Die gestrige

Schwächung des Yuan sollte man ebenfalls nicht als Offenbarungseid in

Sachen Exportförderung und Konjunkturmisere verstehen.

Eher handelt es sich um eine erneut unnötig ruckartige Anpassung,

mit der die Notenbank deutlich macht, dass sie nicht unbegrenzte

Interventionsopfer zu bringen bereit ist, um eine eindeutig

marktgetriebene Abwertung des Yuan gegenüber dem allseits

erstarkenden Dollar zu verhindern. Dies passt auch insofern zu den

Zeichen der Zeit, als der Yuan auf dem Weg zur globalen

Reservewährung flexibler werden muss und sich damit zwangsläufig vom

Dollar abkoppelt.

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