BARCELONA (dpa-AFX) - Zum ersten Mal hat einer der zu langen Haftstrafen verurteilten Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung unbegleiteten Ausgang bekommen. Der Aktivist Jordi Cuixart verließ am Donnerstagabend das Gefängnis im katalanischen Lledoners zu Fuß und wurde von Angehörigen abgeholt. Bevor der 44-Jährige in den Wagen stieg, winkte er den Fotografen zu und machte lächelnd das Victory-Zeichen. Er sagte aber nichts.

Cuixart werde keine öffentlichen Auftritte haben, teilte die Organisation "Òmnium Cultural", der Cuixart trotz der Verurteilung weiter vorsteht, mit. Der Unternehmer durfte einen 48 Stunden langen Ausgang beantragen, weil er bereits ein Viertel seiner neunjährigen Strafe verbüßt hat. Am Samstagabend muss er wieder ins Gefängnis.

Cuixart und ein weiterer Aktivist, Jordi Sànchez, waren zusammen mit sieben Politikern der Region im Nordosten Spaniens im vorigen Herbst wegen ihrer Rolle beim illegalen Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 des Aufruhrs schuldig gesprochen worden. Es gab für die Angeklagten Haftstrafen von bis zu 13 Jahren.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte erst jüngst die "sofortige Freilassung" von Cuixart und des Politologen Sànchez gefordert. Die Verurteilung der beiden bedrohe das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie auf friedliche Versammlung, hieß es. "Legale Protestaktionen wurden kriminalisiert", so Amnesty.

Cuixart und Sànchez hatten im "heißen Herbst" 2017 unter anderem in Barcelona Protestdemonstrationen angeführt. Sie gehörten aber nicht der Regionalregierung und auch nicht dem Parlament an, das nach dem Referendum einen Abspaltungsbeschluss verabschiedete./er/DP/eas