Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Das Bundeskabinett hat einem Gesetzentwurf zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende zugestimmt, der den flächendeckenden Einsatz von intelligenten Strommessgeräten beschleunigen soll. Solche sogenannten "Smart Meter" sollen dabei helfen, dass Verbraucher stärker von den dynamischen Stromtarifen profitieren und eine Überlastung der Stromnetze angesichts des steigenden Stromverbrauchs verhindert wird. Der Einsatz von solchen Smart Metern wird in der Wirtschaft grundsätzlich begrüßt, an den Details zum geplanten Rollout des Vorhabens wird von Verbänden jedoch Kritik geübt.

Nach dem Willen der Bundesregierung soll der Einsatz der Smart Meter, die intelligente Messsysteme sind, auch deshalb vorangebracht werden, weil Deutschland hier hinter anderen europäischen Ländern zurückliegt.

Die Smart Meter sollen für eine sichere und effiziente Integration der Ökostrom-Anlagen und wichtigen, steuerbaren Energieverbrauchern wie Ladeeinrichtungen für Elektroautos und Wärmepumpen bis hin zu digitalen Preissignalen und automatisierten Netzen sorgen. Gleichzeitig sollen Smart Meter mehr Transparenz beim Energieverbrauch schaffen, um Energieeinsparungen und Energieverbrauch zu billigeren Zeiten zu befördern.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums gibt es bislang beim Netzbetrieb auf Niederspannungsebene nur wenige verlässliche und übersichtliche Daten für Netzbetreiber und Marktakteure. Eine bessere und sichere Datengrundlage über Erzeugung und Verbrauch sei aber "unerlässlich", um die Verteilernetze bedarfsgerecht auszubauen und die Netzkapazität optimal zu nutzen, hieß es aus dem Ministerium.


   Energiewirtschaft sieht Verbesserungsbedarf am Gesetz 

Nach Ansicht der Energiewirtschaft sind intelligente Messsysteme ein wichtiger Beitrag zur Energiewende. Allerdings müssten die gesetzlichen Regelungen einen schnellen und wirtschaftlichen Smart Meter Rollout ermöglichen, was der Gesetzentwurf in der jetzigen Form noch nicht tue.

Die Smart Meter könnten nicht nur den Stromverbrauch besser veranschaulichen als herkömmliche Stromzähler, sondern auch digitale Anwendungsfälle mit Kundennutzen ermöglichen, wie Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, erklärte. Zudem sorgten sie für eine sichere Steuerung des Stromnetzes, wenn im Zuge der Energiewende künftig in großem Stil erneuerbare Energien und neue Lasten wie Elektromobilität, Wärmepumpen und Speicher in das Stromverteilnetz eingebunden werden.

Dennoch übt der BDEW Kritik an dem Gesetzentwurf. Notwendig sei ein "schlüssiges Gesamtkonzept, das den Rollout dort voranbringt, wo er am wichtigsten ist", so Andreae. "Der heute vom Bundeskabinett verabschiedete Gesetzentwurf wird diesem Ziel leider nicht gerecht. Er sieht beispielsweise vor, dass jeder Kunde auf Antrag zeitnah ein intelligentes Messsystem eingebaut bekommen kann. Aus Sicht der Energiewirtschaft ist das in der Hochlaufphase ineffizient, weil alle Kundenwünsche vorzuziehen wären, unabhängig von ihrem Nutzen für das Gesamtsystem."


   Elektroverband fordert Erhöhung des Zwischenausbauziels 

Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) lobte, dass die Digitalisierung der Energiewende durch das Gesetzesvorhaben einen großen Sprung nach vorne mache, aber das Zwischenausbauziel erhöht werden sollte. "Intelligente Messsysteme sind bei der künftig notwendigen Sensorik und Steuerung eines Stromnetzes unverzichtbar, insbesondere mit Blick auf einen weiter steigenden Anteil regenerativ erzeugten Stroms, der Elektromobilität oder von Wärmepumpen", sagte Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung. Der Rollout sei ebenfalls die notwendige Voraussetzung, um verbraucherseitig neben beispielsweise dynamischen Tarifen auch Mehrwertdienste wie das Zusammenführen der Verbrauchswerte von Gas-, Heizungs- und Wasserzählern sowie Dienstleistungen Dritter zu nutzen.

Der Verband forderte aber, dass Zwischenausbauziel von 10 auf mindestens 20 Prozent anzuheben. Diese wäre der richtige Schritt, um das Tempo des Rollouts "angemessen ambitioniert" zu gestalten, wie Weber sagte. Im nächsten Schritt müssten die noch zu regelnden Anforderungen für die Steuerbarkeit im Stromnetz schnell definiert werden.


   Bitkom fordert schnelleren Rollout 

Der Digitalverband Bitkom forderte, dass der Smart-Meter-Rollout dringend beschleunigt und vor allem entbürokratisiert werden müsse. "Bitkom begrüßt ausdrücklich das Vorhaben der Bundesregierung, der Digitalisierung der Energiewende nicht nur ein Update, sondern einen Neustart zu verordnen. Smart Meter sind Grundvoraussetzung dafür, um die volatile Einspeisung von Ökostrom und zugleich hohe und wechselhafte Verbräuche etwa von Elektrofahrzeugen oder Wärmepumpen in unser Stromsystem zu integrieren", erklärte Bitkom-Präsidiumsmitglied Matthias Hartmann.

Laut einer Bitkom-Umfrage vom vergangenen Frühjahr interessiert sich mit 57 Prozent mehr als die Hälfte der Deutschen für Smart Meter.

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January 11, 2023 06:49 ET (11:49 GMT)