Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Gemäß einem alten Scherz sind Prognosen schwierig - besonders dann, wenn sie die Zukunft betreffen. Ökonomen wissen, dass das auch für die Vergangenheit gilt. Das Statistische Bundesamt (Destatis) schickt sich an, eine erste Schätzung zur Entwicklung der deutschen Wirtschaft im vergangenen Jahr abzugeben (Freitag, 10.00 Uhr). Dafür können sie auf einigermaßen verlässliche Daten aus der Industrie zurückgreifen, die bis November reichen. Für weite Teile der Wirtschaft, vor allem den Dienstleistungssektor, muss jedoch geschätzt werden. Gleichwohl fällt das Ergebnis meisten recht genau aus, wenn die Statistiker einen ersten Strich unter das Jahr machen.

Besonders begehrt sind bei dieser jährlich stattfindenden Pressekonferenz allerdings Aussagen zur jüngsten Vergangenheit, dem vierten Quartal. Denn dieses entscheidet darüber, mit welcher rechnerische Startposition das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ins neue Jahr geht - Statistiker sprechen vom statistischen Überhang.

Neben dem deutsche BIP 2021 bringt die Woche US-Konjunkturdaten, darunter zu Verbraucher- und Erzeugerpreisen.


   Deutsche Wirtschaft wächst 2021 um 2,6 Prozent 

Soviel ist sicher: Deutschlands Wirtschaft hat sich 2021 von den Folgen der 2020 ergriffenen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus erholt. Weniger klar ist, wie stark diese Erholung ausgefallen ist und wie sich die Wirtschaft im letzten Quartal entwickelt hat. Volkswirte rechnen damit, dass das preisbereinigte BIP im vergangenen Jahr kalender- und saisonbereinigt um 2,6 Prozent gestiegen ist, nachdem es 2020 um 4,9 Prozent gesunken war. Für das vierte Quartal könnten die Statistiker eine informelle Schätzung nennen.

Ob da ein Plus oder ein Minus vor der Zahl stehen wird, bleibt abzuwarten. Einerseits leiden Teile des Dienstleistungssektors stark unter neuen Anti-Corona-Maßnahmen und einer erhöhten Vorsicht der Konsumenten. Andererseits wurden diese Maßnahmen erst im Dezember deutlich verschärft. Zudem war die Aktivität in der Industrie zumindest in den ersten beiden Monaten des Schlussquartals recht ansprechend, auch wenn die Produktion im November leicht gesunken ist.


   US-Inflation könnte auf 7 Prozent gestiegen sein 

Der Inflationsdruck in den USA scheint ungebremst. Volkswirte erwarten laut Factset-Konsens, dass die Verbraucherpreise gegenüber dem Vormonat um 0,4 Prozent gestiegen sind, wodurch die Jahresteuerung auf 7,1 (6,8) Prozent zulegen würde. Dass das nicht alleine an den Energie- und Nahrungsmittelpreisen gelegen haben dürfte, zeigt die Prognose für die Kernteuerung: 5,4 (4,9) Prozent. Die Daten werden am Dienstag (14.30 Uhr) veröffentlicht.

Die US-Notenbank ist ernsthaft beunruhigt über diese Entwicklung, wie ihre Diskussionen über mehrere Zinserhöhungen in diesem Jahr sowie eine rasche Bilanzverkleinerung zeigen. Erste Vertreter des Offenmarktausschusses FOMC sprechen von einer Zinserhöhung im März. Fed-Funds-Futures messen einem solchen Schritt eine Wahrscheinlichkeit von über 70 Prozent bei.

Die am Donnerstag (14.30 Uhr) anstehenden Erzeugerpreisdaten werden zeigen, wie viel Inflationsdruck noch "in der Pipeline" ist. Im November lag die Jahresrate bei 9,6 Prozent.

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DJG/hab/smh

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January 07, 2022 09:01 ET (14:01 GMT)