Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Bei den Zentralbanken knackt es im Gebälk: Die US-Notenbank treibt die Notenbanken weltweit mit ihren Zinserhöhungen vor sich her. Die Europäische Zentralbank (EZB) muss mitmachen, will sie nicht wegen eines zu niedrigen Wechselkurses beim Kampf gegen die Inflation ins Hintertreffen geraten. Selbst der Bank of Japan werden inzwischen Ambitionen in Richtung einer weniger akkommodierenden Geldpolitik nachgesagt. Gegen den Strom schwimmt die People's Bank of China (PBoC), die wegen des Mega-Covid-Ausbruchs nach der abrupten Beendigung der Schutzmaßnahmen das Wachstum kurzfristig zu stützen versucht. Und dann wäre da noch die türkische Zentralbank, die ihre Geldpolitik an den Theorien von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ausrichtet.

Die Woche bringt Zinsentscheidungen in Japan, Norwegen, der Türkei und China sowie die Veröffentlichung der Dezember-Sitzung des Rats der Europäischen Zentralbank (EZB). Daneben gibt es die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland und jede Menge US-Konjunkturdaten.


   Chinas Behörden versuchen covidbedingten Wachstumseinbruch abzufedern 

Chinas Staatsführung hat ihre Covid-Eindämmungsmaßnahmen komplett beendet und damit eine starke Infektionswelle mit entsprechenden Auswirkungen für das kurzfristige Wirtschaftswachstum ausgelöst. Um die Auswirkungen abzufedern, hat die Zentralbank die Banken zu einer kurzfristig stärkeren Kreditvergabe aufgerufen, und Analysten mutmaßen, welche Pfeile sie noch im Köcher hat. So erwarten die Analysten der Citigroup, dass die PBoC ihre Geldpolitik lockern wird.

Gelegenheit dazu ist in der vor uns liegenden Woche, wenn die PBoC am Freitagmorgen über das Niveau der Referenzsätze für 1- und 5-jährige Bankkredite an Unternehmen entscheidet. Einige Analysten wollen nicht ausschließen, dass die PBoC zumindest den Satz für 5-jährige Kredite (derzeit 4,30 Prozent) leicht senken wird, während der für 1-jährige bei 3,65 Prozent bleiben soll. Einen Hinweis könnte es am Wochenende oder zu Wochenbeginn geben, wenn die PBoC den Zinssatz für ihre Medium-Term Lending Facility (MLF) festlegt.

Gedämpft wurden solche Erwartungen allerdings von jüngsten Äußerungen des stellvertretenden PBoC-Gouverneurs Xuan Changneng, der am Freitag laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg sagte, dass die PBoC bei der Stimulierung der Wirtschaft maßvoll vorgehen und eine Liquiditätsflut vermeiden wolle.


   BoJ lässt Geldpolitik unverändert - diskutiert Nebenwirkungen 

Die Bank of Japan (BoJ) hatte die Märkte Ende vergangenen Jahres mit einer Ausweitung des von ihr tolerierten Zielbereichs der Rendite 10-jähriger Staatsanleihen überrascht. Die BoJ hatte diese Maßnahme als einen Schritt zur Verbesserung der Marktfunktionalisierung zu verkaufen versucht. Marktteilnehmer sahen darin jedoch Anzeichen dafür, dass auch die BoJ ihre Geldpolitik demnächst straffen wird.

Für Mittwoch rechnen Analysten mit einer abermaligen Bestätigung der geldpolitischen Leitplanken (Zielrendite 10-jähriger Staatsanleihen von 0 Prozent, Leitzins minus 0,10 Prozent). Sie erwarten aber außerdem, dass die BoJ über die unerwünschten Nebenwirkungen ihrer Zinskurvenkontrolle diskutieren wird.


   Wie sieht die "hawkishe Wende" im EZB-Sitzungsprotokoll aus? 

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat die Marktteilnehmer im Dezember mit einer unerwartet inflationsaversen (hawkishen) Rhetorik geschockt. Nach einer im Rahmen der Erwartungen liegenden Anhebung der Leitzinsen um 50 Basispunkte teilte sie mit, dass weitere "signifikante und stetige" Zinsschritte nötig seien, um die Inflation unter Kontrolle zu bekommen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde konkretisierte, dass damit Zinserhöhungen um 50 Basispunkte bei den nächsten beiden Ratssitzungen im Februar und März gemeint seien und vielleicht noch darüber hinaus.

Die Märkte preisten darauf prompt einen Zinsschritt mehr als zuvor ein. Es wird interessant sein, zu sehen, wie die Diskussionen hierzu im Rat gelaufen sind, und wie der Beginn des Bilanzabbaus im März diskutiert wurde.


   Zinsentscheidungen in Norwegen und der Türkei 

Zinsentscheidungen stehen in der Woche außerdem in Norwegen und der Türkei an. Norges Bank hatte zuletzt für das erste Quartal eine weitere Zinserhöhung angekündigt. Die muss allerdings nicht am Donnerstag (10.00 Uhr) kommen, auch die März-Sitzung stünde noch zur Verfügung. Die Inflation in Norwegen war zuletzt unerwartet deutlich gesunken, dürfte aber zu Jahresbeginn wieder steigen.

Die Wege der türkischen Zentralbank sind unerforschlich - zumindest nach westlichen Maßstäben. Zwar gibt es dort angesichts einer Inflationsrate von über 60 Prozent wohl durchaus die Neigung zu Zinserhöhungen, doch hat Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan etwas dagegen, weil nach seiner Theorie höhere Zinsen höhere Inflationsraten nach sich ziehen. Analysten erwarten für Donnerstag (12.00 Uhr) vielleicht auch deshalb unveränderte Leitzinsen, weil die Inflationsrate im Dezember von 84 auf 64 Prozent gefallen ist.


   ZEW-Konjunkturerwartungen steigen im Januar 

Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland (Dienstag, 11.00 Uhr) dürften sich im Januar erneut verbessert haben. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten einen Anstieg auf minus 15,0 (Dezember: minus 23,3) Punkte. Unter den US-Konjunkturdaten der Woche ragen die zum Einzelhandelsumsatz und den Erzeugerpreisen im Dezember heraus. Beide werden am Mittwoch (14.30 Uhr) veröffentlicht.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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(END) Dow Jones Newswires

January 13, 2023 10:10 ET (15:10 GMT)