Berlin (Reuters) -Die Bundesregierung will sich Regierungs- und Branchenkreisen zufolge diese Woche auf die lang erwartete Kraftwerksstrategie einigen. Möglichst am Dienstagabend wollten sich Wirtschafts- und Finanzministerium in einem Spitzentreffen mit dem Kanzleramt auf einen Weg verständigen, um den Bau Dutzender neuer Gaskraftwerke möglich zu machen, sagten Regierungs- und Branchenvertreter am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Das federführende Wirtschaftsministerium wollte den Termin nicht bestätigen, ein Sprecher sagte aber: "Es gibt intensive Gespräche in der Regierung."

Strittig ist vor allem die Finanzierung in der angespannten Haushaltslage, da die Anlagen ohne staatliche Förderung von der Wirtschaft nicht gebaut würden. Vorgesehen sind Ausschreibungen für die Anlagen, die den stetig wachsenden aber schwankenden Anteil erneuerbarer Energien ausgleichen können. Wer die geringsten Subventionen verlangt, erhält den Zuschlag. Die Kostenschätzungen aus der Branche beliefen sich zuletzt auf bis zu 40 Milliarden Euro.

Energiebranche und Industrie dringen seit langem auf eine schnelle Ausschreibung. Kraftwerke mit einer Leistung von 15 Gigawatt - etwa 30 große Anlagen - sollten laut Branchenverband BDEW schon bis 2030 stehen. Etwa die gleiche Zahl soll nocheinmal bis 2035 gebaut werden. Das Wirtschaftsministerium hatte zuletzt mit einer etwas geringeren Zahl kalkuliert. Im vergangenen Sommer hatte Habeck bereits ein erstes Konzept vorgelegt, ohne aber die Kosten genau zu beziffern.

WASSERSTOFF SOLL ERDGAS ERSETZEN

Die Kraftwerke sollen vor allem Kohlemeiler ersetzen, die aus Klimaschutzgründen abgeschaltet werden müssen. Die Kraftwerke sollen zunächst mit Erdgas, dann aber zunehmend mit klimafreundlichem Wasserstoff betrieben werden. Die Ampel hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass möglichst bis 2030 das letzte Kohlekraftwerk abgeschaltet werden soll.

In der Energiebranche und auch der Industrie wächst die Ungeduld, da der Bau der Anlagen Jahre benötigt. Gaskraftwerke können viel schneller hoch- und runtergefahren werden als Kohlemeiler. Mit zunehmenden Anteil erneuerbarer Energie wird der Bau immer dringlicher. Zuletzt betrug der Anteil von Wind- oder Solarstrom schon über die Hälfte des Verbrauchs.

Ein Bau allein finanziert durch die Wirtschaft rechnet sich jedoch nicht, da die Anlagen meist nur laufen werden, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht. Der Stromsektor soll ab 2035 ohne fossile Kraftwerke auskommen.

Daher sollen die Kraftwerke auf Wasserstoff umgerüstet werden können. Mit der relativ neuen Technik gibt es jedoch wenig Erfahrung, auch die Kosten sind so schwer zu kalkulieren.

(Bericht von: Markus Wacket, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Markus Wacket