Beirut/Jerusalem (Reuters) - Die Hisbollah-Miliz im Libanon hat am Donnerstag einen Großangriff auf das israelische Grenzgebiet gestartet.

Mit mehr als 200 Raketen und zahlreichen Drohnen seien zehn israelische Militärposten ins Visier genommen worden, teilte die radikal-islamische Organisation mit. Es handle sich um eine Reaktion auf die Tötung eines hochrangigen Hisbollah-Kommandeurs im Süden des Libanon am Mittwoch. Das israelische Militär bestätigte den jüngsten Beschuss und griff seinerseits Dörfer im Libanon an, wo Abschussrampen installiert seien. Die Hisbollah ist mit der Hamas verbündet, gegen die Israel im Gazastreifen Krieg führt. Israels Regierung wollte noch am Donnerstag über eine neue Position der Hamas zu einem Plan für eine Waffenruhe beraten.

Die Hisbollah erklärt, sie habe allein 100 Katjuscha-Raketen auf eine israelische Militärbasis in den besetzten Golanhöhen abgefeuert. Ein weiterer Angriff sei mit iranischen Falaq-Raketen auf einen Stützpunkt in der Stadt Kirjat Schmona nahe der israelisch-libanesischen Grenze erfolgt. Die Hisbollah begründete ihre jüngste Attacke mit der Tötung von Mohammed Nasser - Sicherheitskreisen zufolge einer der ranghöchsten Befehlshaber, die bislang in dem Konflikt umgekommen sind.

Bei einer Gedenkfeier für Nasser deutete ein hochrangiger Hisbollah-Vertreter an, dass die Miliz ihre Angriffe künftig noch ausweiten werde. Dann würden neue Ziele ins Visier genommen, von denen sich "der Feind bisher nicht vorstellen konnte, dass sie getroffen werden könnten".

BRÄNDE AUSGELÖST - LAUT RETTUNGSDIENST KEINE VERLETZTEN

Das israelische Militär erklärte, mit rund 200 Geschossen und mehr als 20 Flugobjekten sei aus dem Libanon auf israelisches Gebiet gezielt worden. Mehrere davon seien von der Luftabwehr und von Kampfjets abgefangen worden. Durch einige Drohnen und Abfang-Munition seien Brände ausgelöst worden. Laut dem israelischen Rettungsdienstes kam niemand zu Schaden.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs Anfang Oktober hat auch die Gewalt im israelisch-libanesischen Grenzgebiet erheblich zugenommen. Unter anderem die USA bemühen sich um eine Deeskalation. Die Hisbollah, wie die Hamas vom Iran unterstützt, hat jedoch eine Fortsetzung der Kämpfe angekündigt, bis der Krieg im Gazastreifen endet.

Hier liegt ein Vorschlag für eine Waffenruhe auf dem Tisch, den US-Präsident Joe Biden Ende Mai öffentlich gemacht hat. Am Mittwoch erhielt Israel eine neue Stellungnahme der Hamas dazu, über die die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nun beraten will. Netanjahu werde dazu für den Abend eine Sitzung des Sicherheitskabinetts einberufen, verlautete aus seinem Büro. Zuvor wollte Netanjahu zudem mit seinen Unterhändlern bei den indirekten Gesprächen für eine Waffenruhe die Vorschläge der radikal-islamischen Palästinenser-Gruppe erörtern.

Die USA, Ägypten und Katar versuchen seit Monaten eine Waffenruhe und die Freilassung der verbliebenen 120 israelischen Hamas-Geiseln zu vermitteln. Die Hamas fordert ein Ende des Krieges und einen vollständigen israelischen Abzug aus dem Gazastreifen, während Israel nur zu vorübergehenden Kampfpausen bereit ist und die Hamas zerschlagen will.

(Bericht aus den Reuters-Büros in Beirut, Gaza, Jerusalem, Kairo und Dubai; geschrieben von Philipp Krach und Elke Ahlswede; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)