Die Erzeugerpreise kletterten auf Jahressicht um durchschnittlich 32,7 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Im Mai lag der Anstieg noch bei 33,6 Prozent und damit zum Vorjahresmonat so hoch wie seit Beginn der Erhebung 1949 noch nie. Von Dezember 2021 bis Mai hatten die gewerblichen Erzeugerpreise jeden Monat einen neuen Höchststand erreicht. Ökonomen waren für den Juni von plus 33,9 Prozent ausgegangen. Von Mai auf Juni ging es bei den Produzentenpreisen um 0,6 Prozent nach oben.

Diese gelten als Vorläufer für die Entwicklung der allgemeinen Inflation. In der Statistik werden die Preise ab Fabriktor geführt - noch bevor die Produkte weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Im Juni lagen die Verbraucherpreise 7,6 Prozent über dem Vorjahr. Im Mai hatte die Inflationsrate mit 7,9 Prozent den höchsten Stand seit dem Winter 1973/1974 erreicht. Die Juni-Zahlen der Erzeugerpreise seien kein Hinweis darauf, "dass die hohen Inflationsraten in Deutschland und im Euro-Raum bald wieder der Vergangenheit angehören werden", sagte Commerzbank-Analyst Ralph Solveen. "Wir gehen vielmehr davon aus, dass es noch lange dauern wird, bis sie wieder nachhaltig in Richtung des Ziels der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent fallen werden." Allerdings deute sich an, dass die Dynamik auch bei den Verbraucherpreisen ihren Hochpunkt bald erreicht haben dürfte. Vor allem fallende Preise von einigen Rohstoffen wie Industriemetallen dürften dazu beitragen, dass auch die Kernraten - bereinigt um schwankende Preise für Energie und Lebensmittel - 2023 wieder etwas fallen.

Hauptverantwortlich für die starke Teuerung ist erneut Energie, die seit Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine am 24. Februar erheblich mehr kostet. Hier lagen die Erzeugerpreise um 86,1 Prozent höher als im Juni 2021. Erdgas verteuerte sich dabei um 141,1 Prozent, Strom um 93,3 Prozent. Kraftwerke zahlten für Erdgas 227 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, Industrieabnehmer 182,6 Prozent und Wiederverkäufer knapp 160 Prozent mehr. Mineralölerzeugnisse kosteten fast 53 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Leichtes Heizöl war mehr als doppelt so teuer wie ein Jahr zuvor (plus 125,5 Prozent), während für Kraftstoffe 42,6 Prozent mehr verlangt wurden.

Hohe Preissteigerungen gab es auch bei Vorleistungsgütern, vor allem bei Metallen, Dünge- und Futtermitteln sowie Industriegasen und Verpackungsmitteln aus Holz. Nahrungsmittel verteuerten sich um 19 Prozent. Besonders stark stiegen hier die Preise für Butter (plus 74,8 Prozent), nicht behandelte pflanzliche Öle (plus 60,7 Prozent), Kaffee (plus 31,8 Prozent) sowie Milch und Milcherzeugnisse (plus 27 Prozent).

Die steigenden Kosten bei Materialien treffen auch die Baubetriebe seit Monaten stark. "Zum einen müssen langlaufende Projekte, die mit deutlich niedrigeren Preisen kalkuliert wurden, zu höheren Kosten abgearbeitet werden", sagte Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller vom Branchenverband HDB. Zum anderen erschwerten die hohen Materialpreise und auch deren starkes Schwanken die Kalkulation neuer Projekte. Ferner bremsten Lieferengpässe die Bautätigkeit vieler Firmen.