Berlin (awp/sda/reu) - Die deutsche Baubranche startet optimistisch ins neue Jahr und peilt die höchsten Umsätze seit 1995 an. Für Schwung sorgen dank niedriger Zinsen der Wohnungsbau und mehr Ausgaben der öffentlichen Hand in die Infrastruktur, wie entsprechende Verbände am Dienstag in Berlin mitteilten.

Die Erlöse dürften um fünf Prozent auf 112,2 Milliarden Euro steigen, nach rund sechs Prozent im Vorjahr. Sorgen bereitet der Branche aber der Fachkräftemangel. Flüchtlinge könnten hier wohl eher keine Abhilfe schaffen.

Die Zahl der Beschäftigten soll im Jahresschnitt um 10'000 auf rund 790'000 zulegen. Allerdings stosse der Jobaufbau an seine Grenzen, da die Zahl der arbeitslosen Baufacharbeiter 2016 im Schnitt auf 28'000 gesunken sei - auf einen historischen Tiefstand.

"Die Arbeitskräftereserven auf dem deutschen Baumarkt sind weitgehend ausgeschöpft", erklärten übereinstimmend der Chef des Industrieverbands HDB, Peter Hübner, und der Präsident des mittelständischen ZDB, Hans-Hartwig Loewenstein. So bezeichneten rund sieben von zehn Firmen den Fachkräftemangel als grösstes Risiko für den eigenen Betrieb.

Werben um Polen

Die Baufirmen werben verstärkt Mitarbeiter aus der EU an. Hier könne man von einem der wenigen Vorteile eines EU-Austritts der Briten profitieren, sagte Hübner. "Viele Polen werden in Grossbritannien frei. Die können wir gerne hier aufnehmen."

Die Branche hat auch Nachwuchsprobleme. Rund 16'000 Beschäftigte gehen jährlich in Rente, aber nur 11'000 Neueinsteiger beginnen eine Lehre.

Flüchtlinge dürften dieses Problem eher nicht beheben. Hübner sprach zwar von "ersten, kleinen Anfangserfolgen". Loewenstein betonte aber, nur wenige Flüchtlinge seien bereit, eine Ausbildung zu beginnen. "Viele der junge Leute wollen jetzt schnell Geld verdienen, weil ihnen das im Heimatland verheissen wurde", sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Bedarf verfehlt

Die allgemeine Zuversicht der Firmen beruht auf dem dicksten Auftragspolster seit 1995. Zudem werde der Wohnungsbau mit sieben Prozent für kräftig mehr Umsatz sorgen. Trotz abebbender Flüchtlingszahlen gebe es weiter eine starke Zuwanderung nach Deutschland, und zudem ziehe es immer mehr Einheimische in Grossstädte.

Im vorigen Jahr seien etwa 280'000 bis 290'000 Wohnungen fertiggestellt worden, schätzen die Verbände. Für 2017 seien 310'000 bis 320'000 neue Wohnungen zu erwarten. "Damit wird der Bedarf von jährlich mindestens 350'000 Wohnungen weiter deutlich verfehlt", kritisierten Hübner und Loewenstein.