Das Bruttoinlandsprodukt legte nur noch um 1,8 Prozent zu. Das ist der schwächste Wert seit 2012. Damit hinkt das Vereinigte Königreich dem Aufschwung jenseits des Ärmelkanals hinterher. Sowohl in Deutschland als auch im Euro-Raum als Ganzes wurde voriges Jahr die Zwei-Prozent-Marke klar überschritten. Allerdings zog das Wachstumstempo Ende vorigen Jahres auf der Insel leicht an: Im Zeitraum Oktober bis Dezember war es mit 0,5 Prozent einen Tick höher als im Sommer, wie das Statistikamt des Landes am Freitag weiter mitteilte.

Dies ändert jedoch nichts an der Grundtendenz, dass die Wirtschaft auf der Insel nach dem Anti-EU-Votum vom Sommer 2016 insgesamt an Schwung verloren hat. Dabei wirken sich insbesondere die im Sog der Pfund-Schwäche kräftig gestiegenen Preise aus, die an der Kaufkraft der Verbraucher nagen. Der Internationale Währungsfonds traut Großbritannien 2018 nur noch ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent zu, während beispielsweise Deutschland 2,3 und den USA sogar 2,7 Prozent vorhergesagt werden.

"Während viele der größten Volkswirtschaften der Welt mit Volldampf wachsen, lässt es Großbritannien eher gemächlich angehen", sagte Ökonom Jacob Deppe von der Online-Handelsplattform Infinox. Auch die Allianz-Expertin Katharina Utermöhl geht davon aus, dass es im Vereinigten Königreich 2018 konjunkturell bergab gehen wird: "Die sich verschlechternden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden ein entscheidendes Jahr der Brexit-Verhandlungen für Premierministerin Theresa May sicherlich nicht leichter machen."

Die Folgen des Brexit-Votums wirken als Bremsklotz für den Wirtschaftsmotor und insbesondere für Investitionen, wie Notenbankchef Mark Carney einräumte. Er bezifferte den aus den EU-Austrittsplänen erwachsenden Schaden für die britische Volkswirtschaft in einem BBC-Interview zuletzt auf Dutzende Milliarden Pfund: "Investitionen in Industrieländern legen mit zweistelligen Zuwachsraten zu. Hier ist es nur eine niedrige einstellige Rate." Die Wirtschaft zwischen Edinburgh und London kann nach den Worten Carneys 2018 dennoch Anschluss finden. Es bestehe die Aussicht, dass im Jahresverlauf mehr Klarheit über die künftigen Beziehungen zu Europa und damit auch zum Rest der Welt herrsche.

Neben der wirtschaftlichen Unsicherheit gibt es aber auch politische Unwägbarkeiten: Die Zeitung "Guardian" berichtete von Vorbereitungen einer Art Palastrevolte in der Konservativen Partei von Regierungschefin May für den Fall, dass die Kommunalwahlen für die Tories schlecht ausgehen sollten. Das Blatt beruft sich auf nicht näher genannte Abgeordnete, die unzufrieden mit May sind: "Sie bewegt sich auf sehr dünnem Eis", zitierte die Zeitung einen der Parlamentarier.