Für die Finanzmärkte ging es diese Woche abwärts. Die US-Notenbank Fed will indes an ihrem Plan festhalten, die Geldpolitik weiter zu straffen - wahrscheinlich stärker und länger als erwartet. Damit erwischte Jerome Powell die Märkte auf dem falschen Fuß, doch der Inflationsdruck hält an, der US-Arbeitsmarkt ist nach wie vor robust und der private Konsum relativ hoch. Die Kursverluste bei Bankaktien zum Wochenschluss taten ihr Übriges, sodass sich trotz gemischter Arbeitsmarktdaten wieder Risikoaversion breit machte.
Wochenperformance*
DAX
15427  -0.97%Chart
STOXX EUROPE 600
453.76  -2.26%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
3861.59  -4.55%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
28143.97  +0.78%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1867.60$  +0.83%
Chart GOLD
BRENT OIL
82.68$  -3.23%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.06$  +0.13%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops 

Vistra (+20 %): Der Markt zeigte sich davon begeistert, dass das texanische Unternehmen sein Portfolio um Energy Harbor ergänzt - für einen Kaufpreis von 3 Mrd. USD und eine 15%ige Beteiligung an Vistra Vision. Die neue Vistra-Tochter soll die Bestandsanlagen in den Bereichen Kernkraft, erneuerbare Energien, Stromspeicherung und -verteilung mit den entsprechenden Assets von Energy Harbor zusammenführen.

SEA Limited (+18 %): Das in Singapur ansässige Unternehmen, das - wie der Name nicht unbedingt vermuten lässt - im Bereich Internethandel und Web-Entertainment tätig ist, erzielte den ersten Quartalsgewinn seiner Geschichte. Ermöglicht wurde dies jedoch nur durch eine drastische Kostensenkung und insbesondere den Rückzug aus einigen Ländern.

John Wood (+13 %): Die Spekulationen um den schottischen Dienstleister der Öl- und Gasbranche reißen nicht ab. Die Fondsgesellschaft Apollo wirbt noch immer um das Unternehmen und hat ihr ursprüngliches Angebot bereits zum dritten Mal erhöht. Nun soll ein Kaufpreis von 237 GBP je Aktie im Raum stehen - ein Niveau, das das Management des Unternehmens nach wie vor als zu niedrig einstuft.

Dick's Sporting Goods (+13 %): Für den US-amerikanischen Sportartikel-Filialisten stehen alle Ampeln auf Grün: Die Ergebnisse des Jahres 2022, die Prognose für das laufende Jahr und die Dividende lagen sämtlich über den Erwartungen. Auch zeigten sich die Anleger begeistert über den von der Unternehmensleitung entschlossen angegangenen Bestandsabbau, der einen optimalen Start in das neue Geschäftsjahr ermöglicht.

Traton (+10 %): Die durch ihre Marken MAN und Scania bekannte Lkw-Tochter von Volkswagen hat den Markt mit soliden Prognosen für das laufende Jahr überzeugt. Für Zuversicht beim Management sorgen die prall gefüllten Auftragsbücher. Dem Unternehmen zufolge soll die operative Marge 2023 zwischen 6 und 7 % liegen.

SMA Solar (+10 %): Auch bei dem Solarenergiespezialisten sorgten die Ergebnisse des abgelaufenen Geschäftsjahres und der Ausblick für 2023 für Kursauftrieb. Das Unternehmen verzeichnete zum Jahresende eine dynamische Entwicklung mit einem deutlichen Anstieg des Auftragsvolumens. Dieser Trend gibt dem Research-Haus Jefferies recht, das die Aktie zum Kauf empfohlen und ein Kursziel von 85 EUR ausgegeben hatte.

Dassault Aviation (+9 %): Der Flugzeugbauer wird von unerwartet hohen Margen für das Jahr 2022 beflügelt. Laut UBS hat die Verteidigungsindustrie die Rentabilität gesichert, insbesondere weil die Nachrüstungsverträge für die indischen und katarischen Rafale lukrativer ausfallen als vorhergesehen. Und als Sahnehäubchen: Die Kriegskasse des Konzerns ist durch die Zahlungen aus Vorbestellungen beachtlich angeschwollen. Der Markt hat dem Konzern noch nicht einmal die Prognosen recht dürftiger Lieferungen für das Jahr 2023 übel genommen (15 Rafale und 35 Falcon).

Flops 

Belimo (-12 %): Das in Zürich ansässige Industrieunternehmen enttäuschte seine Fans, denn man beließ die Dividende trotz einer Ergebnissteigerung auf unverändertem Niveau. Da die Bewertung des Spezialisten für Servomotoren bereits mehr als großzügig ist, tut sich der Markt mit Irritationen dieser Art eher schwer. Dennoch entspricht der Ausblick den Erwartungen.

OVH (-16 %): Das Papier des führenden europäischen Webhosting-Anbieters hat diese Woche mit einer bedeutenden Aktienveräußerung seitens KKR und TowerBrook für Furore gesorgt. Verkauft wurden rund 5 Millionen Aktien zu je 12,90 EUR. In einer solchen Situation müssen die Verkäufer einen attraktiven Preis anbieten, damit der Markt das Papier aufnimmt - einen Preis also, der unter dem aktuellen Börsenkurs liegt. Folglich steht die Aktie punktuell stark unter Druck.

Casino (-16 %): Der Händler begann die Woche mit der Bekanntgabe einer erneuten Anteilsübertragung im Rahmen seiner Entschuldung. Der Markt fürchtet noch immer die Schwierigkeiten von Casino, sich aus der Schuldenspirale zu befreien. Gegen Ende der Woche bestätigte der Konzern, in Verhandlungen über die Annäherung seiner Vertriebsaktivitäten in Frankreich (9.100 betroffene Läden) mit denen von Teract zu stehen. Diese Meldung konnte jedoch die Veröffentlichung deutlich schlechterer Jahresergebnisse nicht ausgleichen.

HelloFresh (-16 %): Eine kalte Dusche für den deutschen Konzern, dessen Prognosen für 2023 nicht den Erwartungen entsprechen. Das Wachstum wird wieder in den Hintergrund treten, da die Zielvorgaben zwischen 2 % und 10 % liegen (im Vergleich zu 27 % im Jahr 2022). Was die Ergebnisse angeht, so dürfte der Anstieg weniger stark ausfallen als von den Anlegern erhofft. JP Morgan hat - ausgehend von einer ohnehin vorsichtigen Haltung gegenüber der Aktie - sein Kursziel von 21 auf 17 EUR gesenkt und behält seine negative Einschätzung bei.

JCDécaux (-18 %): 2022 waren die Ergebnisse nicht überwältigend, doch diese Woche wurde das Unternehmen vor allem aufgrund der Prognosen für das laufende Quartal abgestraft, die einen starken Rückgang der Geschäftstätigkeit in China zu Beginn des Jahres beinhalten. Der Konzern geht davon aus, dass sich im März eine positive Wende abzeichnet, doch der Markt möchte hierfür erst Belege sehen.

Euroapi (-26 %): Sanofis ehemalige Tochtergesellschaft für pharmazeutische Wirkstoffe treibt ihre Aktionäre weiter in die Verzweiflung. Nach durchwachsenen Ergebnissen und Problemen bei der Produktion gab das Unternehmen erheblich unter den Erwartungen liegende Prognosen heraus. Die Aktie schmierte am Mittwoch innerhalb nur eines einigen Börsentags um 22 % ab.

SVB Financial (-63 %): Die Silicon Valley Bank hat am Donnerstagnachmittag einen Skandal ausgelöst, als sie ankündigte, ihre Kapitalposition stärken zu müssen, nachdem sie gezwungen gewesen war, ein Anleihenportfolio mit Verlust zu veräußern. Anleger haben das Papier in Panik abgestoßen, woraufhin es zum Kurseinbruch kam. Auch insgesamt wurden alle Bankentitel, selbst die größten unter ihnen, von der SVB-Krise in Mitleidenschaft gezogen.

Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Für die Ölpreise gab es auf mehreren Ebenen Gegenwind, nicht zuletzt infolge gemischter Konjunkturdaten aus China. Dort gingen die Rohölimporte im Februar im Jahresvergleich um etwas über 1 % zurück. Hinzu kam, dass die Äußerungen von Jerome Powell die Preise von Risikoanlagen - darunter auch Rohöl - belasteten. Der Präsident der Federal Reserve verschärfte den Ton und bereitete die Finanzmärkte auf weitere Zinsschritte vor, die der Inflation den Wind aus den Segeln nehmen sollen. Die wöchentlichen US-Ölvorräte gingen in diesem Jahr erstmals um 1,7 Mio. Barrel zurück. Der Markt hatte dagegen mit einem weiteren Anstieg um 1,3 Mio. Barrel gerechnet.  Die Preise für die Nordseesorte Brent und die US-Referenzsorte WTI gaben auf 82 bzw. 76 USD pro Barrel nach. Beim Erdgas verharrt der Preis am europäischen Handelsplatz TTF in Rotterdam aktuell bei etwa 46 EUR/MWh.

Metalle: Die Preise für Basismetalle tendierten diese Woche ebenfalls abwärts. Der jüngste Nationale Volkskongress in China löste nicht gerade Begeisterung aus: Die Händler hatten wohl mit der Verkündung neuer Konjunkturprogramme gerechnet, hätten diese doch die Nachfrage nach Industriemetallen ankurbeln können. Dazu kam es jedoch nicht. Zudem sind die Kupferimporte in China in den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres gegenüber dem Vorjahr um 10 % eingebrochen, was die Stimmung an den Finanzmärkten noch weiter trübte. Eine Tonne Kupfer wird an der LME aktuell für rund 8.820 USD gehandelt, Nickel und Aluminium kosten 23.225 USD bzw. 2.290 USD. Dagegen hat sich der Goldpreis bei 1.850 USD je Feinunze stabilisiert. China (um beim Thema zu bleiben) stockte seine Goldreserven erneut auf und kaufte im letzten Monat 25 Tonnen.

Agrarprodukte: Auch in dieser Woche gaben die Getreidepreise nach. Dabei hatte das australische Landwirtschaftsamt gewarnt, dass die Agrarproduktion wegen des ungewöhnlich trockenen Wetters deutlich zurückgehen dürfte. Die Preise für Weizen und Mais sanken an der Börse in Chicago auf 665 Cent bzw. 610 Cent je Scheffel.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Walzer im Dreiertakt. Die Märkte entwickelten sich diese Woche in drei Phasen. Zunächst einmal schlug die Fed mit Blick auf die Zinsen schärfere Töne an, sodass die Marktteilnehmer ihre Prognose zum nächsten Zinsschritt der Notenbank am 22. März änderten. Die meisten von ihnen gingen nun nicht mehr von einer Anhebung um 25 Basispunkte, sondern um 50 Basispunkte aus. Am Donnerstag versetzte dann die in finanzielle Nöte geratene kalifornische Bank SVB Financial die Märkte in Aufruhr und holte den Finanzsektor auf den Boden der Tatsachen zurück, wodurch die Anleiherenditen sanken. Am Freitag folgte die dritte Phase: Die US-Arbeitsmarktdaten für Februar deuteten auf gemäßigtere Zinserhöhungen hin. Die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze blieb zwar robust, doch die Stundenlöhne legten weniger stark zu und die Arbeitslosenquote stieg wieder auf 3,6 %. Die Renditen gingen weiter zurück und eine Zinsanhebung um 25 Basispunkte wurde wieder wahrscheinlicher. 

Devisen: Die am Freitag veröffentlichten US-Arbeitsmarktdaten ließen den US-Dollar aus den bereits genannten Gründen fallen. Der Dollar-Index ging von 105,20 auf etwa 104,80 Punkte zurück. Der Euro kostete zum Wochenschluss 1,63 USD. Für Rohstoffwährungen gestaltete sich die Woche schwierig. Dies galt insbesondere für den australischen Dollar, der gegenüber dem Euro, dem US-Dollar und dem Pfund Sterling mehr als 1,5 % einbüßte.

Anleihen: Während sich Jerome Powell in seiner Rede wie erwartet eher aggressiv zeigte, warteten die Märkte fieberhaft auf die Veröffentlichung der US-Arbeitsmarktdaten, die die restriktive Haltung der Fed untermauern sollten. Zumindest seit dem vergangenen Oktober hatten sich die Aktienmärkte durchweg gegenläufig zu den Renditen von Staatsanleihen entwickelt. Zum Wochenschluss kam es aber nun erstmals zu einem Umschwung. Die mit der Pleite der Silicon Valley Bank verbundenen Risiken führten zu einer klassischen Flucht in die Qualität: Die Investoren schichteten auf breiter Front von Aktien auf Anleihen um. Ob dieser Paradigmenwechsel Bestand hat, muss sich in den nächsten Tagen allerdings noch erweisen. Eine erste Antwort auf diese Frage dürfte uns bereits am kommenden Dienstag der aktuelle US-Verbraucherpreisindex liefern. Wir behalten die weitere Entwicklung genau im Auge.

Kryptowährungen: Der Bitcoin stürzte im Wochenverlauf um mehr als 11 % ab und kratzte bei Redaktionsschluss erneut an der Marke von 20.000 USD. Angesichts der Liquidation der US-Kryptobank Silvergate, der verstärkten Regulierung der US-Akteure des Ökosystems und eines gesamtwirtschaftlichen Umfelds, das kaum positive Impulse für eine anhaltende Erholung bei Risikoanlagen liefert, steht der Markt für Kryptowährungen aktuell ziemlich "blank" da. Die Bitcoin-Fans werden sich also erneut in Geduld üben müssen, bevor sich die Stimmung im Kryptosektor wieder aufhellt. 

Termine: In den USA werden die Uhren am Wochenende auf Sommerzeit umgestellt - zwei Wochen früher als in Europa. Somit öffnet die Wall Street nun um 14:30 Uhr MEZ und die regelmäßig veröffentlichten Wirtschaftsdaten sind eine Stunde eher verfügbar. Die Marktteilnehmer werden also am Dienstag um 13:30 Uhr die US-Inflationszahlen für Februar erfahren und um 13:30 Uhr noch einige andere US-Konjunkturdaten: Erzeugerpreise, Einzelhandelsumsätze und Empire State Index. Am Donnerstag geht es in Europa weiter: Hier wird die EZB die nächste Zinsentscheidung treffen, wobei eine Leitzinserhöhung von 3 % auf 3,50 % erwartet wird. Anschließend rücken wieder die USA ins Rampenlicht, wenn am Freitag die Industrieproduktion für Februar und der Index zum Verbrauchervertrauen der Universität Michigan für März veröffentlicht wird.
Kurs und Volumen
Reminiszenz an das Jahr 2008
Die Finanzmärkte erlitten diese Woche Verluste, weil die US-Notenbank beschloss, die Zinszügel stärker und länger als erwartet anzuziehen. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren der anhaltende Inflationsdruck, der robuste US-Arbeitsmarkt und der hohe Konsum der Privathaushalte. Dass Bankaktien zum Wochenschluss auf Talfahrt gingen, verschärfte die Situation zusätzlich. Infolgedessen nahm die Risikoaversion trotz der gemischten Arbeitsmarktdaten wieder zu.
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.