Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt tendiert am Donnerstagvormittag schwächer. Händler sprechen von einer Ernüchterung nach dem Zinsentscheid der US-Notenbank vom Vorabend. Zwar habe das Fed die Zinsen wie erwartet nicht verändert. Die geänderte Zinsprognose sorge nun aber für Enttäuschung. Die neue Konjunkturprognose der Notenbank deutet darauf hin, dass die Zinsen in diesem Jahr nur noch einmal und nicht wie bisher dreimal gesenkt werden. "Das ist schon etwas enttäuschend", sagt ein Händler. Zuletzt war noch mit drei Zinsschritten bis 2024 gerechnet worden. Zudem war die bereits am Mittwochnachmittag und damit vor der Zinsentscheidung veröffentlichte US-Inflation im Mai etwas besser als erwartet ausgefallen.

Den Konjunkturdaten dürfte weiterhin eine hohe Bedeutung zukommen, so ein Händler. Denn das Fed wolle datengetrieben entscheiden. "Und so hängt es von vielen Zahlen ab, ob und wann die Geldpolitik gelockert wird", sagt ein Händler. Im Fokus steht daher vor allem der nächste PCE-Inflationsbericht am 28. Juni. Der PCE-Index ist das von der Notenbank bevorzugte Inflationsmass. Bereits am Nachmittag folgen mit den Erzeugerpreisen weitere Preisdaten aus den USA. Zudem werden die Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe veröffentlicht. In der Schweiz hat sich der Preisdruck auf Produzentenseite im Mai weiter abgeschwächt. Händler erklären einen Teil der heutigen Marktschwäche auch damit, dass in den USA derzeit vor allem das Thema KI den Markt bestimmt und weniger die Geldpolitik. "Und dazu haben wir hier einfach wenig zu bieten", sagt ein Händler.

Der Leitindex SMI notiert um 11.20 Uhr 0,28 Prozent tiefer bei 12'134,05 Punkten. Der SLI mit den 30 wichtigsten Titeln verliert 0,37 Prozent auf 1970,71 Punkte und der breiter gefasste SPI 0,34 Prozent auf 16'110,65 Punkte. Im SLI überwiegen die Verlierer (20) gegenüber den Gewinnern (10).

Stark unter Druck stehen Sika (-3,2%). Seit Ende Mai befinden sich die Aktien des Spezialchemieherstellers im Abwärtsstrudel. Händler rätseln über die Kursschwäche und weisen zugleich darauf hin, dass mit der Bau- und Automobilindustrie zwei Kundensegmente derzeit etwas Mühe hätten. Auch die Aktien des Bauzulieferers Geberit geben ein Prozent nach. "Eine Analystenempfehlung, die noch nicht bis zu uns durchgedrungen ist, könnte der Grund sein", mutmasst ein Händler.

Schwach sind auch die Aktien von Sonova (-2,6% oder -7,40 Franken). Ein Teil davon ist allerdings der Dividendenzahlung von 4,30 Franken pro Aktie geschuldet. Aber wie die jüngste Statistik des US-Kriegsveteranenministeriums zeigt, hat Sonova auch deutliche Marktanteile an den Konkurrenten Demant verloren.

Auch Finanztitel wie Julius Bär (-1,5%) und UBS (-1,0%) stehen auf den Verkaufslisten, was laut Händlern auch mit den veränderten Zinsaussichten in den USA zusammenhängen könnte.

Die Aktien von Swatch (-1,11%) setzen den Abwärtstrend ebenfalls fort. Die Anteile von Richemont (-0,8%) halten sich nur ein wenig besser. "Die Angst vor einem Handelskrieg mit dem wichtigen Absatzmarkt China dürfte die Anleger kaum zuversichtlich stimmen", meint ein Börsianer.

Auf der anderen Seite führen defensive Werte wie Roche (Inh. und GS je +0,5%) und Alcon (+0,7%) die Gewinner an. Novartis und Swisscom (je +0,1%) sowie ABB und Holcim (je +0,2%) sind gut im Rennen.

Auch die Scheine von Logitech (+0,4%) zählen zu den raren Gewinnern im SLI. Im Gegensatz zu den US-Aktienbörsen, wo derzeit das Geschehen vom Thema KI dominiert wird, könnten hiesige Technologiewerte kaum vom Hype profitieren. VAT aber (-1,0%) geben einen Teil des Kursplus vom Vortag wieder ab.

Gut behauptet sind Valiant (+0,4%). Die Regionalbankengruppe will in der neuen Strategieperiode 2025 bis 2029 den Fokus auf die Steigerung der Profitabilität legen und hat sich deshalb neue Mittelfristziele gesetzt. Unter Druck stehen hingegen SFS (-3,3%), nachdem Baader Helvea die Aktie von "Buy" auf "Add" zurückgestuft hat.

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