Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Die von Russland durchgeführte Abhöraktion eines Gesprächs deutscher Luftwaffenoffenziere zum möglichen Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern in der Ukraine ist durch einen "individuellen Anwendungsfehler" eines Offiziers der Luftwaffe ermöglicht worden. Das erklärte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in Berlin. Das Kommunikationssystem der Bundeswehr sei allerdings nicht komprimiert worden. Es habe sich auch kein russischer Spion in das Gespräch eingewählt.

Pistorius betonte, dass das Vertrauen der westlichen Verbündeten in Deutschland als Nato-Partner "nicht beschädigt" worden sei. Diesen Eindruck habe er aus gestrigen Gesprächen mit seinen Kollegen gewonnen. Er nehme den Vorfall aber sehr, sehr ernst, weil von einem Gesprächsteilnehmer des Gespräches nicht die notwendige Sorgfalt an den Tag gelegt worden sei.

"Es ist ein Fehler, ein schwerer Fehler, der hier passiert ist, der nicht hätte passieren dürfen", sagte Pistorius in Berlin. "Das, was an Geheimhaltung dort erörtert worden ist, ist nach meiner Wahrnehmung überschaubar." Er habe disziplinarische Vorermittlungen gegen alle Beteiligten des Gesprächs eingeleitet. Persönliche Konsequenzen stünden aber derzeit nicht auf der Agenda. Er würde, sollten keine schlimmeren Details an den Tag kommen, niemanden seiner besten Offizieren Putins Spielen opfern, wie er mit Blick auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin sagte.

Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen sei der von Russland veröffentlichte Mitschnitt des Gesprächs aufgrund einer nicht sicheren Datenleitung entstanden, entweder über das Mobiltelefon eines Gesprächsteilnehmers, der zu dem Zeitpunkt in Singapur war, oder über das WLan des dortigen Hotels, wo sich der Beteiligte des Gesprächs über Webex eingewählt hatte.


   Es gebe keine Spionage, wenn Spionage nicht möglich wäre 

Es gebe keinen Anlass dafür, dass das Vertrauen der Nato-Verbündeten in Deutschland beschädigt sei, weil alle wüssten, jedem könne so etwas passieren. Auch in anderen Ländern hätten sich Verbündete über ähnliche Vorfälle in den vergangenen 20 Jahren beklagen und damit auseinander setzen müssen. "Es gebe keine Spionage, wenn Spionage nicht möglich wäre", so Pistorius. "Ich habe keinerlei Verärgerung gestern von meinen Kollegen wahrgenommen." Dennoch sei klar, dass er "sehr ärgerlich" über diesen unnötigen und sehr schlimmen Fehler sei, der nicht hätte passieren dürfen.

"Der Fehler wird weiter aufgearbeitet. Und wir müssen uns jetzt unseren tatsächlich wichtigen Aufgaben wieder zuwenden", so Pistorius. Es gehe darum, Unterstützung für die Ukraine zu organisieren.

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March 05, 2024 05:15 ET (10:15 GMT)