Berlin/Moskau (Reuters) - Die deutsch-amerikanische Vereinbarung, ab 2026 weitreichende US-Waffensysteme in Deutschland zu stationieren, stößt auf ein geteiltes Echo.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius forderte am Donnerstag, Deutschland müsse eigene Kapazitäten auf diesem Gebiet entwickeln. Der außenpolitische Sprecher der SPD, Nils Schmid, sprach gegenüber Reuters von "einem notwendigen Schritt zur Abschreckung Russlands". Kritik kam sowohl aus Russland als auch von der Linken und den Grünen in Deutschland.

"Die Vereinigten Staaten von Amerika werden, beginnend 2026, als Teil der Planung zu deren künftiger dauerhafter Stationierung, zeitweilig weitreichende Waffensysteme ihrer Multi-Domain Task Force in Deutschland stationieren", heißt es in der am Mittwochabend veröffentlichten Erklärung beider Regierungen. "Diese konventionellen Einheiten werden bei voller Entwicklung SM-6, Tomahawks und derzeit in Entwicklung befindliche hypersonische Waffen umfassen." Die neuen Systeme würden über deutlich größere Reichweiten als die derzeitigen landgestützten Systeme in Europa verfügen. Hypersonic-Waffen fliegen besonders schnell, auch Russland verfügt über diese Überschallraketen.

Pistorius sagte im Deutschlandfunk, die zeitlich befristete Stationierung bedeute auch, dass damit "ganz klar die Erwartung der USA zu Recht verbunden (ist), dass wir selber investieren in Entwicklung und Beschaffung von derartigen Abstandswaffen". Die temporäre Stationierung werde Deutschland die Zeit geben, die man dafür brauche. Er könne sich nicht vorstellen, dass ein anderer US-Präsident die Pläne wieder revidiere, fügte der Verteidigungsminister mit Blick auf einen möglichen Wahlsieg von Donald Trump hinzu.

Hintergrund der amerikanisch-deutschen Entscheidung ist, dass westliche Länder Russland nach dessen Überfall auf die Ukraine als zunehmende Bedrohung wahrnehmen. Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Rjabkow wurde am Donnerstag von staatlichen russischen Medien mit der Aussage zitiert, dass man eine militärische Antwort auf die geplante Stationierung entwickeln werde. Ziel der USA sei es, die Sicherheit Russlands zu beeinträchtigen. Die Nato wirft Russland massive Aufrüstung vor.

LINKE SPRECHEN VON AUFRÜSUNGSSPIRALE

Auch von den deutschen Linken und Grünen kam Kritik. "Ich finde diese Entscheidung höchstproblematisch, weil die Aufrüstungsspirale unter der Überschrift Abschreckung weitergedreht wird", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, der "Rheinischen Post". Für die Grünen monierte Sara Nanni, das Vorhaben stehe im Widerspruch zur Haushaltseinigung. "Der Kanzler sollte sich rasch dazu erklären", sagte sie ebenfalls der "Rheinischen Post". Olaf Scholz habe bisher nur "spärlich die tatsächliche Bedrohungslage der Nato thematisiert". Dies sei irritierend, weil es Ängste verstärken und Raum für Desinformation und Verhetzung lasse, sagte die Grünen-Politikerin. Die Stationierung selbst kritisierte sie aber nicht.

Klare Zustimmung zu der deutsch-amerikanischen Vereinbarung kommt aus der Kanzlerpartei SPD und der oppositionellen CDU: "Dies ist ein notwendiger Schritt zur Abschreckung Russlands", sagte SPD-Politiker Schmid. "Er fällt maßvoll aus, da er sich auf die Stärkung der konventionellen Verteidigungsfähigkeit der Nato beschränkt." Angesichts der Modernisierung des russischen Atomwaffenarsenals und der aggressiven Politik Russlands sei dieser Schritt richtig und begrüßenswert.

Die Stationierung von Tomahawk-Marschflugkörpern diene der Sicherheit Deutschlands", sagte auch der außenplitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, zu Reuters. "Nachdem Russland mit seinem Einmarsch in die Ukraine die europäische Friedensordnung zerstört hat, ist die Gefahr bei uns real." Auch das iranische Raketen- und Nuklearprogramm stellten eine Bedrohung dar. "Dass die USA mit der geplanten Stationierung der Tomahawks ihre Bündnisverpflichtung stärkt, ist ein gutes und positives Signal, das ich unterstütze."

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Hans Busemann.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)