Die Notenbank, die wegen ihrer Zinspolitik im Dauerclinch mit Staatschef Recep Tayyip Erdogan liegt, führt den Überschuss eigentlich erst nach der üblicherweise im April abzuhaltenden Gesellschafterversammlung ab. Durch eine am Donnerstag bekanntgemachte Statutenänderung ist es nun möglich, dass diese bereits für den 18. Januar einberufen wird. Das Finanzministerium ist der größte Anteilseigner der türkischen Notenbank. Offiziell hüllte diese sich in Schweigen, warum der Schritt vollzogen wurde. Ehemalige Währungshüter gehen allerdings davon aus, dass das Manöver mit Blick auf die Kommunalwahlen im März gestartet wurde.

Der frühere Notenbanker und jetzige Oppositionspolitiker Durmus Yilmaz sieht darin ein Zeichen, dass die Regierung "knapp bei Kasse" sei und wirtschaftspolitisch kurzsichtig agiere. Der permanente Druck Erdogans auf die Währungshüter, Zinsen zu senken, hat in den Augen der Investoren bereits zu einem Vertrauensverlust der eigentlich unabhängigen Notenbank geführt. Der ehemalige Währungshüter Ugur Gürses sieht das Vorziehen der Generalversammlung als weiteres Indiz, dass die Zentralbank "ernsthaft Schaden" nimmt, wenn sie zu einem "Gelddrucker für die Politik" degradiert werde.

Die Notenbank hatte 2017 einen Jahresüberschuss von 18,38 Milliarden Lira (umgerechnet knapp drei Milliarden Euro) ausgewiesen und davon rund zwölf Milliarden Lira an das Finanzministerium überwiesen. Wie viel der türkische Fiskus für 2018 erwarten kann, ist bislang noch nicht bekannt. Der Überschuss speist sich aus Zinseinnahmen und Währungsgeschäften. Die Landeswährung Lira verlor im vergangenen Jahr 28 Prozent im Vergleich zum Dollar, da Investoren an der Unabhängigkeit der Zentralbank zweifelten und das belastete politische Verhältnis zwischen der Türkei und den USA Konjunktursorgen verstärkte. Die Zentralbank reagierte auf dem Höhepunkt der Krise mit einer kräftigen Zinserhöhung um 6,25 Prozentpunkte, um die Währung wieder attraktiver zu machen. Die Beziehungen zu den USA haben sich inzwischen wieder verbessert, wodurch sich die Lira stabilisierte.