BRASÍLIA (dpa-AFX) - Nach dem Angriff radikaler Anhänger des früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro auf das Regierungsviertel in Brasília ist der Gouverneur des Bundesbezirks rund um die Hauptstadt vorübergehend seines Amtes enthoben worden. Ibaneis Rocha werde zunächst für 90 Tage suspendiert, ordnete der Oberste Gerichtshof am frühen Montagmorgen (Ortszeit) an. Trotz deutlicher Hinweise auf gewalttätige Aktionen habe der Gouverneur nichts unternommen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, sagte Richter Alexandre de Moraes. "Die Amtsenthebung ist daher vernünftig, angemessen und verhältnismäßig, um die öffentliche Ordnung zu gewährleisten und die wiederholte kriminelle Praxis zu beenden."

Zuvor hatte Gouverneur Rocha bereits um Entschuldigung gebeten und seinen Sicherheitschef, Bolsonaros ehemaligen Justizminister Anderson Torres, entlassen. Im Fernsehen war zu sehen, wie Polizisten die Bolsonaro-Anhänger vor dem Angriff ins Regierungsviertel eskortierten und sich dabei mit Handys filmten. Als der Mob schließlich den Kongress stürmte, stellten sich ihm nur wenige Beamte entgegen, die schnell zurückgedrängt wurden. Die Demonstranten drangen dann in den Kongress, den Obersten Gerichtshof und den Regierungssitz Palácio do Planalto ein und randalierten in Büros und Sitzungssälen. Erst nach Stunden brachten die Sicherheitskräfte die Lage wieder unter Kontrolle.

Der rechte Präsident Bolsonaro war im vergangenen Oktober dem Linkspolitiker Luiz Inácio Lula da Silva in der Stichwahl unterlegen und zum Jahreswechsel aus dem Amt geschieden. Bereits vor der Wahl hatte er immer wieder Zweifel am Wahlsystem gestreut. Beweise dafür legte er allerdings nie vor. Auch nach der Abstimmung erkannte er seine Niederlage nie ausdrücklich an. Seine Anhänger blockierten immer wieder Landstraßen, kampierten vor Kasernen und forderten eine Militärintervention zugunsten des abgewählten Staatschefs./dde/DP/jha